Amok-Alarm an Heidenauer Schule

Die 4a hatte gerade Mathematik, als die Durchsage kam: Alle auf den Fußboden und in eine Ecke. Die Türen wurden verschlossen. Es war am Dienstag, 11 Uhr, als für Viertklässler Maximilian und die anderen 380 Schüler der Heidenauer Grund- und Förderschule auf der Dresdner Straße der Horror begann.
Der bei der Polizei als Bedrohung eingegangene Alarm löste eine Kette von Reaktionen aus. Sondereinsatzkommando, Rettungskräfte, Interventionstruppen. Ein Großaufgebot von Polizei- und Einsatzwagen fuhr nach Heidenau. Die sozialen Medien verbreiteten in rasender Schnelle die Nachricht von einem angeblichen Amoklauf. Sogar von Schüssen war die Rede. Doch eine Gefahrenlage habe es nie gegeben, sagt die Polizei. Das freilich war für die aufgeregten Eltern schwer zu verstehen. Ab und zu verloren Mütter und Väter die Nerven. Alle wollten nur eines: Ihre Kinder wohlbehalten wiedersehen.
So war es auch der Mutter von Maximilian und seinem kleinen Bruder Florian gegangen. Als sie auf Arbeit in Pirna von dem Alarm erfuhr, hielt sie nichts mehr, sie fuhr nach Heidenau. Dort wurden die Kinder inzwischen nach und nach in eine Baracke auf der anderen Straßenseite gebracht. Hierher schickten die Polizisten auch die Eltern, ohne ihnen jedoch den Weg erklären zu können. Mitunter war die Rede davon, die Kinder seien im Wreesmann – was aber nicht stimmte.

In der Schule räumten die SEK-Kräfte indes Zimmer für Zimmer und konnten zum Schluss Entwarnung geben. Kein Amokläufer, keine Gefahr. Die Angst war bei den Kindern trotzdem groß. Maximilian sorgte sich vor allem um seinen kleinen Bruder Florian in der ersten Klasse. Die gehörte zu den ersten, die die Schule verließ; Maximilians Klasse war dagegen eine der letzten. Ihre Mutter war das schon lange in der Baracke auf der Hermann-Löns-Straße. Doch die Kinder von dort mitzunehmen, ging nicht. Sie wurden in die Turnhalle gebracht, um alle zu zählen, damit kein Kind verloren geht. Dort konnten die Eltern ihre Kinder dann nach und nach holen, zunächst ohne die in den Klassenzimmern liegenden Schulsachen und Jacken.
Die Schule habe vorbildlich reagiert, sagt Polizeisprecher Marko Laske. Erst im Oktober hatte die Einrichtung ein solches Szenario geübt. Am Dienstag war für die Betroffenen in und um die abgesperrte Schule lange offen, ob es diesmal ernst ist.
Was war nun der Auslöser für den Alarm, der eine ganze Stadt für Stunden in Angst versetzte? Die Antwort suchte die Polizei bis in den Nachmittag hinein. Am wahrscheinlichsten ist ein technischer Defekt des Alarmsystems oder ein Bedienfehler, sagt die Polizei, nachdem sie die Schule gegen 14.30 Uhr wieder freigegeben und alle Sperrungen aufgehoben hat.
Während die meisten Eltern froh waren, dass nichts passiert war, wetteiferten andere um abstruse Erklärungen. Einer erzählte was von einer tragischen Liebesgeschichte, ein anderer vermutete, da wollte jemand was vertuschen.
Viele Eltern hoffen nun, dass der Vorfall in den Schulen aufgearbeitet und mit den Kindern darüber gesprochen wird. Einige Eltern haben angekündigt, ihr Kind am Mittwoch nicht in die Schule zu schicken. Unterricht ist jedoch wie immer.
Maximilian, Florian und ihre Mutter nehmen sich erst mal in den Arm. Sie fahren jetzt zur Oma nach Dresden. Erzählen, was an diesem Tag in Heidenau passiert ist und sich trösten lassen.