SZ +
Merken

Großmanns Pläne

Der Inhaber der Georgmarinhütte, zu dem das Stahlwerk gehört, strukturiert den Konzern um. Das bekommt auch Gröditz zu spüren.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Eric Weser

Die Frau schaut auf das Bild. „Nein“, sagt sie, den kenne ich nicht, habe ich noch nie gesehen, ist sie der Meinung. Auch ihr Ehemann muss passen. „Er sieht auf jeden Fall wichtig aus“, sagt er. Stimmt, er ist wichtig. Nicht nur, aber auch für Gröditz. Sehr sogar. Umso erstaunlicher, dass er offenbar dem einen oder anderen Einwohner nicht bekannt ist.

Der Herr auf dem Foto ist Jürgen Großmann, geboren 1952 in Mülheim an der Ruhr. Mit einem geschätzten Vermögen von weit über einer Milliarde Euro zählt der promovierte Wirtschaftswissenschaftler zu den reichsten Deutschen. Was den Wahl-Hamburger mit der Röderstadt verbindet, ist die Tatsache, dass dem Unternehmer die Georgsmarienhütte (GMH) gehört. Jene Unternehmensgruppe, zu der auch die Gröditzer Schmiedewerke zählen.

Ein Blick zurück: Zwei Anläufe waren nötig, ehe das Stahlwerk 2002 komplett in der GMH aufging. 1997 hatte Großmann das Gröditzer Werk schon einmal gekauft. Doch 1999 trat er davon zurück. Der Grund: Die EU forderte Nachwende-Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe zurück. Das Werk ging an einen Treuhand-Nachfolger, musste dann in die Insolvenz. Dann trat die GMH wieder auf den Plan und gewann das Bieterverfahren.

Zwölf Jahre später sind die Schmiedewerke noch immer da und Jürgen Großmann nach wie vor ihr Eigentümer. In Gröditz ist man froh, das traditionsreiche Stahlwerk nach wie vor in seiner Mitte zu haben. Mit 825 Beschäftigten arbeitet nur noch ein Bruchteil der Belegschaft wie zu DDR-Zeiten im Werk. An Bedeutung eingebüßt hat der Betrieb dennoch kaum. Er ist größter Arbeitgeber.

Und er auch der wichtigste Gewerbesteuerzahler. In diesem Jahr bekommt die Stadt das auf unschöne Weise zu spüren. Zwar schweigt die Verwaltung mit Verweis auf das Steuergeheimnis. Doch nach gesicherten SZ-Informationen musste Gröditz eine Steuerrückzahlung von nicht ganz einer Million Euro an das Unternehmen verkraften.

Kleiner Lichtblick

Damit haben die Schmiedewerke einen erheblichen Anteil am zurückgegangenen Gewerbesteueraufkommen in Gröditz. Das bleibt mit wahrscheinlich 1,5 Millionen Euro in diesem Jahr weit hinter den Erwartungen von 4,1 Millionen zurück. Froh ist man bei der Stadt dennoch darüber, dass der Gemeindeanteil bei der Einkommensteuer bei rund 1,3 Millionen Euro liegt. Ein Lichtblick. Nicht nur, aber auch dank des Lohn- und Gehaltszahlers Schmiedewerke.

Was die Gewerbesteuern angeht, vermuten Insider, dass Ursachen neben Entwicklungen auf dem Stahlmarkt auch im Inneren des GMH-Konzerns liegen.

Eigentümer Jürgen Großmann hat der Süddeutschen Zeitung ein Interview gegeben, das am Montag erscheint. Vorab schreibt die Zeitung: „Um das defizitäre Stahlunternehmen profitabel zu machen, strafft Großmann die Zahl der Geschäftsbereiche.“ Die Umstrukturierungen in dem Unternehmen habe es bereits gegeben, sagt die Sprecherin der GMH-Holding auf SZ-Anfrage. Sie seien vorgenommen worden, um sich dem Geschäftsumfeld anzupassen und sich zu konsolidieren.

Mit Gröditz hätte das aber nichts zu tun. Zu Auswirkungen auf Gröditzer Gewerbesteuern könne man nichts sagen, das sei nur vor Ort möglich. Die Schmiedewerke selbst waren für eine SZ-Anfrage gestern nicht zu erreichen.

Ein Insider sagt: „Bei Konzernen dieser Größe gibt es Möglichkeiten, über interne Umstrukturierungen auch Steuern zu sparen.“ Egal ob interne Umstrukturierung oder Marktumfeld: Was in Jürgen Großmanns GMH-Gruppe und vor allem bei den Gröditzer Schmiedewerken passiert, wirkt sich spürbar auf die Stadt aus.