Von Marie-Kristin Landes
Die einen wollen drei Gurken, andere zehn und manche nehmen eine ganze Kiste – im kleinen Geschäft in der Grimmstraße 79 herrscht Hochbetrieb. Gerade hat das grüne Gemüse Saison und jeder der vorbeischauenden Kunden nimmt sich etwas von ihm mit. „Der Nachschub ist schon unterwegs“, sagt Verkäuferin Petra Doberschütz, die gerade die letzten Exemplare aus dem Lager holt. Erst vor wenigen Stunden wurden sie in den Gewächshäusern des Frühgemüsezentrums gepflückt.
Doch die Kaditzer kommen nicht nur wegen der erntefrischen Gurken, Radieschen oder Tomaten her. In dem Flachbau am Ende der Gleisschleife gibt es neben Lebensmitteln wie Wurst oder Käse auch Blumen, Putzmittel und Zeitschriften zu kaufen. Ein richtiger Tante-Emma-Laden, zu dem neben dem Einkauf auch ein Schwatz zwischen der Kundschaft und den Verkäuferinnen gehört.
„Viele kommen täglich her und haben sogar früher in den Gewächshäusern gearbeitet“, erzählt die 56-jährige Doberschütz. Sie selbst steht schon seit 20 Jahren hinter der Verkaufstheke für den Kaditzer Betrieb. So ist die gelernte Gärtnerin für Gemüsebau für viele der Stammkunden das Gesicht des Ladens. Einige sind sogar ehemalige Kollegen. „Ich kenne Petra seit ihrer Lehre“, sagt die Rentnerin Renate Findeisen. Die 69-Jährige kommt mehrmals in der Woche mit ihrem Mann Horst aus Übigau vorbei. Sie schätzt vor allem das frische Gemüse aus der Gärtnerei und den Treff mit alten Bekannten.
So wie das Ehepaar nutzen viele aus der Umgebung den Laden des Frühgemüsezentrums für ihren täglichen Einkauf. Vor allem für die älteren Kaditzer, die alleine wohnen und kein Auto besitzen, ist er oft die einzige Möglichkeit, die nötigsten Besorgungen zu erledigen. Denn es gibt sonst keinen Supermarkt, Bäckerei oder Fleischerei im alten Dorfkern, die sie zu Fuß erreichen können. Die Nächsten befinden sich erst im Elbepark. Doch dieser ist selbst für die jüngeren Anwohner oft zu groß, um nur schnell etwas zum Abendbrot zu kaufen. „Ich komme vor allem her, wenn mir Kleinigkeiten fehlen“, erzählt Cornelia Döring, die in der Nähe wohnt.
„Wir bemühen uns immer, alles Notwendige da zu haben“, sagt Verkaufsleiterin Doberschütz. Fehlt dennoch einmal etwas im vielfältigen Sortiment, versuchen sie und ihre Kollegin Susan Bittner die Kundenwünsche trotzdem zu erfüllen. So bringen die beiden Frauen für die Anwohner auch mal Strumpfhosen oder Gebissreiniger vom Großmarkt mit. Und wenn sich einige der älteren Kaditzer beim Einkauf übernommen haben, fährt Doberschütz sie sogar samt Rollator nach Hause.
Wahrscheinlich sind diese kleinen Gesten der Grund, warum der Laden sich bis heute gegen sonst so starke Supermarktketten behaupten konnte. Den Geschäftsführer des Frühgemüsezentrums Martin Grötzsch freut das. Auch er ist, wie seine Verkäuferin Doberschütz, ein Urgestein des Betriebs und hat viele Höhen und Tiefen miterlebt. „Früher verkauften wir nur Gemüse. Nach der Wende mussten wir uns umorientieren, es klappte“, erzählt der 50-Jährige. Er ist optimistisch, dass auch in Zukunft die Kunden dem Laden, nicht nur wegen der Kaditzer Gurken, treu bleiben.
Grötzschs Zuversicht kommt nicht allein vom derzeit gutlaufenden Verkauf. Denn nachdem im letzten Jahr erst der lange Winter und dann das Hochwasser dem Kaditzer Betrieb schwer zusetzten, scheint endlich das Wetter auf seiner Seite zu stehen. Das Gemüse wächst prächtig.
Der Laden des Frühgemüsezentrums in der Grimmstraße 79 hat Montag bis Freitag von 9–18 Uhr und am Sonnabend von 8–12 Uhr geöffnet.