Von Claudia Schade
Sabine Posselt hätte nicht gedacht, dass es so schwierig sein würde, ihren Sohn Jasper in die erste Klasse ihrer Wunschschule zu bekommen. Ausgesucht hat sie für den Sechsjährigen die 15. Grundschule in der Görlitzer Straße. Die Neustädter Einrichtung hat eine Besonderheit: Sie ist in Dresden die einzige Grundschule in öffentlicher Trägerschaft mit einer eigenen Montessori-Klasse. Bis zu 28 Schüler pro Jahrgang werden dort nach den reformpädagogischen Grundsätzen von Maria Montessori unterrichtet.
Ablehnungen verschickt
Ein Konzept, das zieht: Für das kommende Schuljahr haben Eltern etwa 80 Kinder allein für diese Klasse angemeldet. Das sind deutlich mehr als die gesamte Schule aufnehmen kann.
An anderen Grundschulen mit besonderem Profil sieht es ähnlich aus. Die 63. Grundschule in der Wägnerstraße setzt auf eine intensive musische Ausbildung. „In dieser Woche mussten wir viele Ablehnungen verschicken“, sagt Schulleiterin Bettina Schmidt. Für die spezielle Musikklasse der Grundschule mit maximal 28 Schülern habe es 80 Anmeldungen gegeben. Wer den Sprung hinein schafft, darf unter Anleitung von Studenten in Einzel- oder Kleingruppenunterricht ein Instrument erlernen. Ein Angebot, das gerade in Striesen und Blasewitz gut ankommt, wo viele Künstler mit ihren Familien leben.
Auch die 4. Grundschule mit Französisch-Angebot oder die 16.Grundschule für besonders Begabte haben sehr viele Anmeldungen. Eltern achten mittlerweile immer genauer auf die Profilangebote einer Schule. Neu ist, dass solch eine wohlüberlegte Auswahl der Bildungsstätte zunehmend bereits in den Grundschulen eine große Rolle spielt. Dafür nehmen Eltern auch längere Schulwege in Kauf. „Wir haben Schüler aus Radeburg und Moritzburg“, sagt Mathias Gläsel, Leiter der 30. Grundschule in der Neustadt. „Dadurch kann man künftige Schülerzahlen nicht mehr so genau planen.“
Verschärfend kommt nun noch hinzu: Die Geburtenzahlen steigen wieder, die einstmals so leeren Grundschulen füllen sich. Gab es vor drei Jahren noch 3289 Erstklässler, sind es im kommenden Schuljahr bereits 3440. Bis 2011 soll die Zahl auf 3915 steigen. Eng wird es vor allem in den kinderreichen Vierteln. In der Neustadt, in Pieschen und Blasewitz merken die Schulen bereits jetzt deutlich die zunehmenden Anmeldezahlen.
Massiver Druck der Eltern
Das lässt den Kampf um die beliebten Schulen härter werden. „Wir werden jetzt schon massiv von anmeldenden Eltern unter Druck gesetzt“, beobachtet Anja Nollau von der Elterninitiative Ergo, die Initiator der Montessori-Klasse in der Neustadt ist. „Sie wollen eine Garantie, dass ihr Kind auch tatsächlich in diese Klasse kommt.“ Doch einen Anspruch auf Aufnahme gibt es nicht. Wegen des hohen Zuspruchs durfte die eigentlich zweizügig ausgestattete 15. Grundschule im vergangenen Schuljahr sogar ausnahmsweise eine dritte erste Klasse aufnehmen. Für dieses Jahr gilt das erneut.
Die Elterninitiative soll nun eine weitere Montessori-Klasse an einer der vier anderen Neustädter Grundschulen einführen, um Druck von der Einrichtung auf der Görlitzer Straße zu nehmen.
Sabine Posselt indes kann nur hoffen. „Klappt es nicht an der 15. Grundschule, haben wir keine Alternative“, sagt sie. „Dann müssen wir wohl das nehmen, was uns zugeteilt wird.“