Von Frank Sühnel
Aus zwei Richtungen kamen gestern die Radler nach Gersdorf gefahren, alle mit dem gleichen Ziel: Die Staatsstraße 95 braucht einen Radweg. Knapp 100 schwangen sich in Pulsnitz in den Sattel, reichlich 50 in Kamenz. Von Kleinkind bis zum Senior waren alle Altersklassen vertreten. Die Fahrzeugpalette reichte vom klapprigen, rostigen Damenrad bis hin zum Hightech-Rennrad. Man forderte, dass es endlich losgeht mit dem Bau entlang der viel befahrenen Straße. Denn, so der Tenor: „Es ist lebensgefährlich, hier zu radeln.“ Unterwegs gab es sogar Beifall von Passanten. Einige Radfahrer, die ursprünglich andere Ziele hatte, schlossen sich spontan an.
Eigentlich ist dieses Ziel in Sichtweite, denn das Landratsamt Bautzen hat einen Baustart Ende Oktober, wohl am 20., bekanntgegeben. „Die Ausschreibungen sind beendet, die Angebote werden derzeit geprüft, Baurecht ist gegeben“, sagte Pressesprecher Gernot Schweitzer. Doch vielen Teilnehmern der Raddemo fehlt der Glaube daran. Schon zu oft, so Jörg Stern aus Kamenz, Organisator der Fahrt, wurde ein Baubeginn angekündigt. „Passiert ist nichts.“ Auch die Jugendlichen Benjamin Scheibe aus Kamenz und Vincent Meyer aus Steina wünschen sich dringend diesen Veloweg. „Wir wollen uns besuchen, ohne ständig in Gefahr zu sein. Doch wir glauben es auch erst, wenn wir es sehen“, sind sie skeptisch. Außerdem handelt es sich bei dem nun angekündigten Bauvorhaben zwischen Pulsnitz-Friedersdorf und Niedersteina, das rund eine halbe Million Euro kostet, um eine Strecke von knapp zwei Kilometern, also noch nicht einmal ein Viertel der Distanz zwischen Pulsnitz und Kamenz. Fertigstellung soll im zweiten Quartal 2011 sein.
Vorplanungen abgeschlossen
Für den restlichen Weg seien die Vorplanungen abgeschlossen, so Gernot Schweitzer. Doch: „Eine genauere Auskunft zum Beginn der weiteren Bauabschnitte ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Wir beabsichtigen, jedes Jahr einen Abschnitt herzustellen. Welcher das sein wird, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der vollständigen Klärung des Grunderwerbs oder der Belange des Umweltschutzes. Aus Sicht des Baulastträgers wird eine Gesamtfertigstellung des Bauvorhabens für das Jahr 2013 angestrebt.“ Dazu weist der Pressesprecher darauf hin, dass der Kreis zwar die Planungen übernommen hat, dem Freistaat jedoch die Finanzierung obliegt, da es eine Staatsstraße ist.
Was für die Teilnehmer der Raddemonstration bedeutet: Es steht alles in den Sternen. „Wir werden wohl nicht das letzte Mal hier eine Raddemo gehabt haben, viel zu lange mussten wir warten. Wir müssen Druck machen, sonst passiert nichts, es muss ein Umdenken her“, sind sich Rosemarie und Werner Rist aus Gelenau sicher. Und sie sind über die Politik verbittert. „Woanders werden Straßen und Wege gebaut, wo sie nicht gebraucht werden, und hier, wo es Not tut, warten wir seit Jahren.“ Die beiden wollen zum Einkaufen und zur Fitness Rad fahren. Das sei aber auf der Staatsstraße 95 nicht wirklich möglich. Auf ein Wort