SZ +
Merken

Gute Verpackung ist ehrlich

Ralf Lehmann stellt das Etui zum Delfinkopf aus Bergkristall vor.

Teilen
Folgen

Zitat: Ich kenne das Grüne Gewölbe schon sehr lange. Vieles ist hier beeindruckend und jeder kennt es, aber die Etuis werden jetzt zum ersten Mal gezeigt. Ich finde sie sehr spannend, weil es eine allgemeine Frage der Ästhetik ist, was Verpackung eigentlich bedeutet. Eine gute Verpackung präsentiert ihren Inhalt „ehrlich“.

An den Etuis im Grünen Gewölbe begeistert mich, dass sich ihre Ästhetik aus dem Inhalt ableitet. Ebenso liebevoll gearbeitet wie ihr Inhalt, sind sie von vergleichbarem Wert. Mitte des 19. Jahrhunderts formulierte der amerikanische Architekt Louis Sulivan die Forderung: „form follow function“ (die Form sollte Ausdruck der Funktion sein). Diesen Anspruch sehe ich in den zeitlich viel eher entstandenen Etuis im Grünen Gewölbe vollständig realisiert. Das fasziniert mich. Besonders liebe ich das Etuis zum „Delfinkopf aus Bergkristall“. Der Inhalt hat eine merkwürdige Form entstehen lassen, die nicht greifbar ist: Betrachtet man das Etui unabhängig vom Inhalt, könnte es sich um eine zeitgenössische Skulptur handeln. Begibt man sich auf Augenhöhe, könnte man aber auch meinen, ein monumentales Werk der Architektur zu sehen oder etwas Organisches vor sich zu haben. Alles ist offen. Die Goldprägung des Materials ist interessant, weil die Muster abstrakt sind. Die Formensprache dieser Prägung geht über die barocke Ansicht weit hinaus. Sie könnte gut 200 Jahre später entstanden sein.

Notiert von Friederike Schaible

Exponat: Die fragilen Bergkristallarbeiten hatten besonderen Schutz nötig. Vermutlich sind die meisten Stücke schon mit Futteral geliefert worden. Außerdem gingen viele Meisterwerke des Grünen Gewölbes zum Zweck glanzvoller Repräsentation auf Reisen und mussten für die Transportwege sicher verpackt werden. Die Kontur des Objektes wurde in Holz nachgebildet, außen mit glattem Leder bezogen und häufig durch Goldprägungen verziert. Das Innere enthielt zumeist eine Polsterung und eine Ausfütterung mit Seide oder Rauhleder. Lederetuis wurden für Kunstwerke verschiedenster Art hergestellt. Es gab diese schützenden Hüllen für Emailanhänger und kleine Perlfiguren, für Prunkschalen, Bergkristallgefäße und Elfenbeinfiguren.

Diese Serie ist Teil des im September erscheinenden Buches „Die Rückkehr des Dresdner Schlosses“. Bestellbar für 19,90 Euro: 01802/30 41 48