Der gebürtige Moritzburger Olav Seidel, der vor zwei Jahren dem Gasthof in Bärwalde wieder Leben einhauchte, hält nichts von großen Nummernspeisekarten mit 50 Speisen. „Ich biete lieber fünf bis sechs Gerichte an, die handwerklich gut rausgekocht sind“, sagt der 38-Jährige. Sein Anspruch sei, die Zutaten zu veredeln, nicht zu verfälschen.
„Das braucht Handwerk, nicht Maschinen. Und auch Zeit.“ Da verwundert es nicht, dass der kochende Gastwirt der kulinarischen Slow-Food-Bewegung nahe steht, ohne allerdings eingetragenes Mitglied dieser weltweiten Vereinigung von Genießern zu sein. „Als Koch will ich unabhängig sein. Die langsame Küche und das langsame Essen sind nicht meine Geschäftsidee für den schnellen Euro, sondern meine Lebenseinstellung“, sagt Seidel.
Auf sein Lokal wurden die Fernsehleute von der Dresdner Slow-Food-Gemeinde aufmerksam gemacht. Der Sender dreht eine 90-minütige Sendung über die Essgewohnheiten des 21. Jahrhunderts. Ein Sendetermin steht noch nicht fest. Für das Filmteam und die Gäste des Abends – die Gaststube bietet maximal 30 Leuten Platz – hatte Seidel ein Drei-Gänge-Menü vorbereitet, das die zweite Seite seiner Idee einer nachhaltigen Gasthaus-Kultur widerspiegelte. „Mein handwerklicher Anspruch lässt sich nur umsetzten, wenn die Produkte frisch verarbeitet werden. Daher möchte ich sie möglichst aus der Region haben.“ In den vergangenen zwei Jahren ist er dabei schon ein ganzes Stück voran gekommen. Die Forellen für den „Bärwalder Frühling“ schwammen beispielsweise gestern früh noch bei Seidels Fischlieferanten in Steinbach. Die Wildkräuter für den dazugehörigen Salat haben er und seine Frau am Mittwoch gesammelt. Und das Weidelamm aus dem Unterdorf stammt tatsächlich von dort. Geliefert hat es Kerstin Stiebeling-Müller, die wie Jürgen Neumann zu den Bärwalder Produzenten Seidels gehört. Der Ziegenquark für die Creme d´Anjou stammt aus Lauterbach. Je nach Saison frischen Salat, Champignons, Kräuter und Karotten kommen vom Biohof in Rödern.
„Herr Neumann hat für mich in diesem Jahr zum ersten Mal das Bamberger Hörnchen in die Erde gebracht, eine sehr schmackhafte Kartoffel“, erzählt Seidel. Zudem liefere er die Tiere für eine weitere Spezialität des Gasthofes – die „Bärwalder Bauernente“.
Seidel weiß, dass es eine langwierige Sache ist, Essgewohnheiten zu ändern. „Genuss lässt sich nicht von heute auf morgen lernen.“
Sven Görner