In der ARD: Hannelore Elsners letzter Film

Eine Todkranke spielt eine Sterbenskranke - es gibt Filme die nur bedingt gut sind, aber dennoch berühren. So wird derjenige fühlen, der sich an diesem Mittwoch die ARD-Produktion "Lang lebe die Königin" ansieht. Hannelore Elsner, die große Diva des deutschen Films, ist hier in ihrer letzten Rolle zu erleben. Sie war während der Dreharbeiten im April 2019 als 76-Jährige an Krebs verstorben.
Vor zwei Wochen noch spielte sie im "Tatort" aus Hessen mit wenigen trefflichen Gesten eine pensionierte, aber ruhelose Kommissare. Diesmal gibt sie die rabiate und oft gnadenlose Mutter Rose Just, die unheilbar erkrankt ist und trotzdem nicht damit aufhören kann, ihrer Tochter Nina das Leben schwer und allzu gern unerträglich zu machen. "Alltagssadistin", sagt die Tochter zu ihr. Erst auf dem Sterbebett gibt es eine vorsichtige Annäherung. "Die Königin ist tot. Lang leben die Königin", sagt Rose zu Nina, bevor sie sich selbst mit Morphium in den letzten Schlaf schickt.
Hommage an eine großartige Darstellerin
Der Plot über eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung ist kaum originell. Überraschende Zeitsprünge - mal sieben Monate in die Zukunft, mal sieben zurück - machen das Sehen eher kompliziert. Und komplett überraschend ist, dass unkommentiert und unangekündigt fünf Kolleginnen mitten im Film fünf Szenen als Rose spielen. Iris Berben, Gisela Schneeberger, Hannelore Hoger, Eva Mattes und Judy Winter agieren in den fünf Szenen. Es sind jene Stellen, die noch nicht im Kasten waren, als Hannelore Elsner sich nach 18 von 23 Drehtagen zu diesem Film krank melden musste und nicht wieder kam. Wochen später übernahmen die fünf hochkarätigen Kolleginnen die Parts. Nicht eine, nicht einmal Iris Berben, kann jedoch der Toden das Wasser reichen. Elsner spielt sie mit ihrer Rose als zerrissene Persönlichkeit zwischen Lebenslust und erbarmungsloser Härte posthum alle an die Wand.
Das Konzept, fehlende Stellen mit anderen Künstlern nachzudrehen, ist nicht neu. Am eindrucksvollsten gelang das wohl dem US-Regisseur Terry Gilliam in Hollywood, als Heath Ledger 2008 während der Dreharbeiten zu seinem letzten Film "Das Kabinett des Doktor Parnassus" starb. Für ihn sprangen damals Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell ein. Es wurde Ledgers letzter Film und gleichzeitig eine Hommage an ihn.
Sie nahm ihr eigenes Schicksal vorweg
Genau so sollte man "Lang lebe die Königin" nehmen, als Hommage an eine der prägendsten deutschen Schauspielerinnen der vergangenen Jahrzehnte. Sie spielte in ihrer 60-jährigen Karriere in über 220 Film- und Fernsehproduktionen mit und war auch eine profilierte Theaterakteurin. Bis in die 70er drehte sie noch Unterhaltungsfilme etwa mit Hansi Kraus, George Thomalla und Peter Alexander wie "Pepe, der Paukerschreck". Dann fand sie mehr zum Charakterfach, filmte mit den Besten und auch für die Defa in "Aus dem Leben eines Taugenichts". Ob Kino oder Fernsehen, es gelangen große Produktionen. Für Streifen wie die "Unberührbare" wurde sie mit allen Preisen im Land geehrt. Mit 66 Folgen der Krimireihe "Die Kommissarin" prägte sie den Typus der weiblichen Ermittler in den 90er entscheidend. Ihr Engagement für Kollegen als Gründungsmitglied der Deutschen Filmakademie war beachtlich.
"Hannelore Elsner hat ihren Beruf sehr geliebt", sagt Einspringerin Berben. "Und der Beruf hat auch Hannelore Elsner sehr geliebt. Dass ich in diesem Film eine Szene übernommen habe, die sie nicht mehr spielen konnte, war eine letzte Verneigung vor ihr." Judy Winter sagt: "So haben wir ihr zeigen können, wie sehr wir sie als Schauspielerin geschätzt haben."
Bei dieser Tragikomödie überlagert die Tragik das Komödiantische, weil jedem Zuschauer klar wird, dass die Elsner ihr eigenes Schicksal vorwegnimmt. In der letzten Szene als Rose liegt sie im Sarg. Nina malt ihr die Fingernägel passend zum Farbton des Leichenkleides an. Die Elsner bestand darauf, dass sie und kein Double diesen Moment dreht: "Solange ich spiele, bin ich nicht tot".
"Lang lebe die Königin", Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD