In der diesjährigen Sonderausstellung mit Figuren von Wendt & Kühn stehen im Spielzeugmuseum Görlitz mal nicht die Engel mit den grünen Flügeln und den elf weißen Punkten im Mittelpunkt. Die Figuren aus der Sammlung von Kerstin Fiedler, der Vorsitzenden des Vereins für das Spielzeugmuseum Görlitz, zeigen die Vielfalt von Wendt & Kühn. Besonders die Blumenkinder haben es ihr angetan. Aber auch die kleinen Margeritenengel vervollständigt sie gern bei jedem Besuch im Erzgebirge. Die großen Figuren, die nun in der nächsten Zeit im Schaufenster stehen, hat sie von ihrem Mann geschenkt bekommen. „Ich weiß gar nicht, wie er es gemacht hat, sie zu besorgen“, sagt Kerstin Fiedler. Denn zum Beispiel der Siebenmeilenstiefel-Däumling wurde nur limitiert produziert.
Der Däumling geht auf einen Entwurf von Grete Wendt zurück. Er wurde 1929 durch einen Film bekannt, in dem der Junge mit den Siebenmeilenstiefeln fröhlich durchs Spielzeugmacherland läuft und von der Region sowie der sächsischen Volkskunst berichtet. Später wurde er zur Werbefigur für die Volksfürsorge Versicherungsgesellschaft.
So wie der Däumling ist auch Hans Kunterbunt, der aus einer Titelzeichnung für die Kinder- und Jugendzeitschrift gleichen Namens entstand, ein Zeichen für die Wiederbelebung des Spielwarenhandwerks im Erzgebirge der damaligen Zeit. Die Publikation gab es von 1926 bis Ende der 30er Jahre und erschien als Beilage der Leipziger Neuesten Nachrichten. Auf kindgerechte Weise erzählte der bunte Kasper von der sächsischen Heimat und der sächsischen Volkskunst. Der Däumling und Hans Kunterbunt waren lange Zeit nur in den Archiven von Wendt & Kühn zu sehen, bevor sie 2004 und 2001 wieder produziert wurden. Mittlerweile gibt es Hans Kunterbunt auch eine Nummer kleiner. Bei Wendt & Kühn in Grünhainichen erzählen einzigartige Figuren eine faszinierende Geschichte, die 1915 begann.
Damals gründeten die beiden Absolventinnen der Königlich-Sächsischen Kunstgewerbeschule, Grete Wendt und Margarete Kühn, ein Unternehmen, das 100 Jahre später weltbekannt sein sollte. Bis heute ist die Manufaktur Wendt & Kühn in Grünhainichen zu Hause und führt das Lebenswerk von Grete Wendt und ihrer Weggefährtin Olly Wendt, geborene Sommer, fort. In den historischen Gebäuden in Grünhainichen gibt es einen Fundus mit mehr als 1500 unverwechselbaren Originalentwürfen, Mustern und Zeichnungen – der Ursprung auch für das aktuelle Sortiment der Figuren und Spieldosen aus der Manufaktur Wendt & Kühn. Seit 1915 steht Wendt & Kühn für feine deutsche Handarbeit. Generation für Generation blieben die Meisterschaft und das handwerkliche Geschick bei der figürlichen Fertigung erhalten. Bis heute wird das Vermächtnis mit einer behutsamen Weiterentwicklung und zeitgemäßen Interpretation des Musterschatzes durch die Jahrzehnte getragen, heißt es in der Firmenpräsentation. (SZ)
Die Sonderausstellung wird am Sonntag, 14 Uhr, eröffnet. Das Museum auf der Rothenburger Straße 7 in Görlitz hat Mittwoch bis Freitag, 10 bis 16 Uhr, und Sonnabend /Sonntag, 14 bis 17 Uhr, geöffnet.