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Happy End für Leisniger Waisenfohlen

Die Mutterstute des kleinen Hengstes aus Tautendorf war am Mittwoch bei der Geburt gestorben. Nun hat er eine „Ersatz-Mama“.

Von Dirk Westphal
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Während Ellen Kölz in der Tautendorfer Pferdeidylle den kleinen Hengst hält, schaut „Ersatz-Mama“ Aragonessa ganz genau, was mit dem Nachwuchs passiert.
Während Ellen Kölz in der Tautendorfer Pferdeidylle den kleinen Hengst hält, schaut „Ersatz-Mama“ Aragonessa ganz genau, was mit dem Nachwuchs passiert. © Dirk Westphal

Leisnig. Idyllisch liegen die Tautendorfer Koppeln in der Frühlingssonne. Die Pferde der Reitanlage Kölz genießen die Wärme auf dem Fell, naschen am frischen Grün auf der Weide. Fünf Mutterstuten mit ihrem wenige Tage alten Nachwuchs machen da keine Ausnahme. Eines der schon „älteren“ Fohlen schaut bei einem der jüngsten vorbei? „Willst du spielen“, scheint es anzufragen. 

Doch die Mutter des kleinen, erst fünf Tage alten Hengstes hat etwas dagegen. Fürsorglich beschützt sie ihren Nachwuchs, scheucht das andere Fohlen weg. Der kleine Hengst reibt seinen Kopf an ihrer Brust, sucht den Körperkontakt und die Nähe der Mutterstute. Ein tierisches Happy End, nachdem es Mitte der vergangenen Woche gar nicht gut ausgesehen hatte.

Bei der Geburt des Hengstfohlens in der Mittwochnacht war dessen Mutter an einem Aortenriss gestorben. Der kleine Kerl kam umgehend in die Tierklinik, wo er nicht nur eine Bluttransfusion mit Fremdblutplasma erhielt, sondern auch mit Kolostralmilch aus der Flasche ernährt wurde. Nicht ganz unproblematisch, denn schnell gewöhnt sich Pferdenachwuchs an diese Form der Fütterung. „Deshalb war es wichtig, schnell – in ein oder zwei Tagen – eine Ersatzmutter für ihn zu finden“, sagt Ellen Kölz, die sich um den Pferdenachwuchs kümmert.

Umgehend war deshalb, unter anderem auch mithilfe von Sächsische.de, mit der Suche nach einer Ammenstute begonnen worden. Mit Erfolg. Während drei potenzielle Kandidatinnen rein geografisch zu weit weg standen, wurde bei einem Reitkollegen der Familie Kölz in Wittenberge (Brandenburg) eine Ammenstute gefunden und nach Tautendorf geholt. Die hatte, ebenfalls in der vergangenen Woche, ihr Fohlen verloren. „Der Besitzer hat Vertrauen und überlässt uns die 13-jährige Stute, die Aragonessa heißt und ein erfolgreiches Sportpferd war, für das nächste halbe Jahr, in dem sie das Fohlen aufzieht“, sagt Ellen Kölz.

Eine Garantie, dass die Chemie in der neuen Pferdefamilie stimmt, und die Stute das schwarze Hengstfohlen mit der weißen Blesse auf der Stirn annimmt, gab es allerdings nicht. Und zunächst gestaltete sich die Zusammenführung auch schwieriger als gedacht. „Der Kleine hatte noch nie aus dem Euter getrunken. So kam er immer wieder zu uns, weil er wusste, dass es von Menschen Milch gibt“, sagt Ellen Kölz und fügt an: „Er musste lernen, wo er säugen soll, wovon die Stute anfangs nicht so begeistert war.“ 

Deshalb war in der ersten Nacht immer jemand im Stall, der aufgepasst hat, dass dem Fohlen nichts passiert. Immer wieder wurde er an die Stute herangeführt und im Laufe der Zeit wurde Aragonessa schon etwas entspannter. „Und dann hat sie ihn auch mal abgeleckt. Als das geschah, wussten wir, dass sie ihn annimmt“, sagt Kölz und fügt an: „Sie hat dann schon mal nach ihm gewiehert und ihn auch beschützt, wenn in der Nachbarbox jemand war.“ 

Und jetzt wäre die neue Pferdefamilie unzertrennlich. „Es ist nicht zu bemerken, dass sie gar nicht zusammengehören“, sagt Ellen Kölz. Und wie zur Bestätigung galoppieren die Beiden ein paar Runden gemeinsam Seite an Seite über die Koppel. „Es ist nie schön, wenn ein Tier stirbt. Aber wenn man jetzt sieht, wie es dem Kleinen gut geht, da geht einem schon das Herz auf“, freut sich die Springreiterin.

Neben über zehn weiteren Fohlen hofft sie, dass sich der kleine Hengst positiv weiterentwickeln wird. Zunächst noch einige Tage auf der Koppel in Tautendorf, später auf der Sommerweide, wo die Fohlen und Stuten Tag und Nacht draußen wären. Dort würde der Pferdenachwuchs, wenn er etwas größer ist, auch spielen. 

Nach einem halben Jahr, zwischen Mitte und Ende Oktober, werden die Fohlen dann von der Mutter abgesetzt. „Das ist aber normal. Die Stute kommt dann wieder zu ihrem Besitzer und das Fohlen, das derzeit noch keinen Namen hat, bleibt bei seinen Freunden“, erklärt Ellen Kölz, die vor allem hofft, dass die tierische „Patch-Work-Familie“ auch weiterhin gesund bleibt und sich so toll entwickelt, wie in den ersten gemeinsamen Tagen.

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