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Hauptzutat Handarbeit

300 Kilo Nudeln werden jede Woche bei Familie Matthes hergestellt. Ein Angebot für Feinschmecker.

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© Uwe Soeder

Von Katja Schäfer

Ganz oben liegen die Bandnudeln. Darunter hängen ordentlich aufgereiht die Spaghetti. Es folgen Spirelli und Makkaroni. Katrin und Jürgen Matthes aus Wehrsdorf haben die großen Tabletts mit den Nudeln gerade aus dem Trockenschrank gezogen. Jetzt warten die Teigwaren in hohen Ständen darauf, verpackt zu werden. „Von allein hüpfen sie nicht in die Tüten“, sagt Jürgen Matthes schmunzelnd.

Das Verpacken ist reine Handarbeit. Wie jeder Arbeitsschritt in der kleinen Nudelfirma in Wehrsdorf. Einmal pro Woche stellen der Inhaber und seine Tochter Nudeln her. Frischeinudeln aus Hartweizen. 300 Kilogramm werden jeden Donnerstag produziert. In sieben Sorten. „Am beliebtesten bei den Kunden sind Makkaroni und Spirelli“, berichtet Katrin Matthes. Aber auch Spaghetti, Fadennudeln und Bandnudeln in drei Breiten finden ihre Käufer.

In einem kleinen Raum im Haus von Familie Matthes am Eduard-Kauffer-Weg schütten die Nudelmacher dreißig Kilogramm gemahlenen Hartweizen in die Knetmaschine plus Ei und etwas Salz. Dazu kommen etwa vier Liter Wasser. „Wie viel genau, das muss man abschätzen. Der Teig soll eine Konsistenz haben wie Streuselteig“, erklärt Katrin Matthes. Sie arbeitet seit sechs Jahren in der Firma ihres Vaters mit, führt die Handgriffe aus, die vorher ihre Mutter erledigt hat, die jetzt nur noch ab und zu hilft. Die 43-Jährige ist von Beruf Verkäuferin, hat in verschiedenen Fleischereien gearbeitet, bis sie sich entschied, die Wehrsdorfer Nudeltradition weiterzuführen. In absehbarer Zeit übernimmt sie die Firma.

Ist der Nudelteig fertig, wird er durch eine Matrize gepresst, wobei durch auswechselbare Einsätze verschiedene Formen entstehen. Heraus kommen zum Beispiel ellenlange Makkaroni. Mit einem großen Messer schneidet Katrin Matthes sie bündelweise auf die richtige Länge. Für Bandnudeln wird der Teig gewalzt. Vater und Tochter stehen sich an einer Maschine gegenüber. Wieder und wieder schieben sie die Teigfläche hin und her; hindurch unter einer Walze aus Metall. Immer wieder kommt eine Schaufel neuer Teig dazu, immer wieder wird die Fläche übereinandergeschlagen, bis eine lange Bahn entstanden ist. Diese zerschneidet eine Maschine in unterschiedlich breite Streifen. „Gewalzte Bandnudeln sind was Besonderes. Die werden nicht mehr überall hergestellt. Durch das Walzen quellen sie beim Kochen mehr auf“, erklärt Jürgen Matthes.

Neustart nach der Wende

Der gelernte Bäcker hat das Nudel-Handwerk von seinen Eltern übernommen. Sie führten eine Bäckerei und begannen schon zu frühen DDR-Zeiten, neben Brot, Brötchen und Kuchen auch Nudeln zu produzieren. Doch Selbstständige hatten es in der DDR schwer. Material – auch Zutaten für die Lebensmittelherstellung – gab es nur auf Zuteilung. „1973 haben wir aufgehört und sind stattdessen im Plastebetrieb arbeiten gegangen“, erzählt Jürgen Matthes. Seine Frau Ingrid nickt bestätigend. Mit der Wende wurden beide arbeitslos. „Da war ich 50 und hatte keine Chance , einen neuen Arbeitsplatz zu finden“, sagt der Wehrsdorfer. So besann er sich auf das Nudelmachen. Die Maschinen, die seine Eltern Mitte der 50er-Jahre angeschafft hatten, waren ja noch da. Nur einen modernen Trockenschrank musste er kaufen.

36 Stunden trocknen die Nudeln. Die Spaghetti müssen danach schnell verpackt werden. Das erledigt Familie Matthes immer am Sonnabendvormittag. Die anderen Nudeln kommen montags in 500-Gramm- oder 250-Gramm-Tüten. Dabei hilft stundenweise ein Rentner. Dienstags und mittwochs liefern Katrin und Jürgen Matthes ihre Ware aus. Der Vertrieb erfolgt über kleine Geschäfte. Wehrsdorfer Nudeln gibt es zum Beispiel im Obst- und Gemüseeck in Wilthen, im Lädchen in Rodewitz/Spree oder im Laden „Die Lausitz schmeckt“ in Cunewalde. Größter Abnehmer ist Mario Steinert, der einen Bauernhof in Diehsa betreibt. Bis nach Rammenau, Großschönau oder Guttau liefert Familie Matthes.

Manche Leute holen sich ihre Teigwaren an der Haustür ab. Das sind diejenigen, die Matthes-Nudeln haben wollen, wie sie sie von früher kennen. Da wurde nur Weizenmehl verwendet, weil Hartweizen nicht zu bekommen war. Damit sehen die Nudeln nicht goldgelb, sondern grau aus. „So was verkauft sich heute schlecht“, sagt Jürgen Matthes. Aber für seine Stammkunden stellt er extra eine Portion davon her.