SZ +
Merken

Hausbesitzer bekennen Farbe

Von Knallgelb bis Schwarz: Dresdner beweisen mehr Mut zur Farbe. Aber nicht alles ist erlaubt.

Teilen
Folgen
© André Wirsig

Von Sandro Rahrisch und Bettina Klemm

Eine Farbe stört den Nachbarschaftsfrieden: Als Jürgen Stiller sein Haus ultramarin-blau anstreicht, wird es einigen Langebrückern zu bunt. Sie beschweren sich im Rathaus. Die Farbe, die es auf die Flagge von Barbados und die Rettungsfahrzeuge des Technischen Hilfswerks geschafft hat, harmonisiere nicht mit denen der anderen Fassaden in der schmalen Kirchstraße. Baubürgermeister Jörn Marx muss nun klären: Wie bunt dürfen es die Dresdner treiben?

Bunte Häuser in Dresden

Mancher mag es bunt: Auf der Winterbergstraße leuchtet Orange neben Gelb.
Mancher mag es bunt: Auf der Winterbergstraße leuchtet Orange neben Gelb.
Für sein Haus auf der Döbelner Straße in Pieschen wollte Architekt und Eigentümer Philipp Stamborski eine besondere Farbe. Er entschied sich für Schwarz. „Zum einen gefällt es uns optisch sehr gut“, erklärt er. „Zum anderen speichert die Fassade an sonnigen Tagen die Wärme und kann diese nachts nach innen abgeben.“
Für sein Haus auf der Döbelner Straße in Pieschen wollte Architekt und Eigentümer Philipp Stamborski eine besondere Farbe. Er entschied sich für Schwarz. „Zum einen gefällt es uns optisch sehr gut“, erklärt er. „Zum anderen speichert die Fassade an sonnigen Tagen die Wärme und kann diese nachts nach innen abgeben.“
Die Langebrücker sind geteilter Meinung: Für die einen ist der blaue Anstrich ein willkommener Farbtupfer, für die anderen ist er zu grell. Doch Malermeister Jürgen Stiller hat diesen Farbton ganz bewusst für sein Haus in der Kirchstraße gewählt: „Der mineralische Grundstoff Ultramarin wird schon seit Jahrhunderten verwendet.“
Die Langebrücker sind geteilter Meinung: Für die einen ist der blaue Anstrich ein willkommener Farbtupfer, für die anderen ist er zu grell. Doch Malermeister Jürgen Stiller hat diesen Farbton ganz bewusst für sein Haus in der Kirchstraße gewählt: „Der mineralische Grundstoff Ultramarin wird schon seit Jahrhunderten verwendet.“
Das schmale Gebäude am Hotel de Saxe fällt durch seine rote Farbe auf. „Im Barock liebte man kräftige und fröhliche Farben. Bei der Auswahl der Farbe haben wir historische Dokumente studiert und uns eng mit dem Denkmalschutz und der Farbkommission der Stadt abgestimmt“, sagt Baywobau-Chef Berndt Dietze.
Das schmale Gebäude am Hotel de Saxe fällt durch seine rote Farbe auf. „Im Barock liebte man kräftige und fröhliche Farben. Bei der Auswahl der Farbe haben wir historische Dokumente studiert und uns eng mit dem Denkmalschutz und der Farbkommission der Stadt abgestimmt“, sagt Baywobau-Chef Berndt Dietze.
Der Denkmalschutz habe versucht, ihm das Gelb auszureden, erzählt Leonhard Steinlein. Doch der Geschäftsführer der Druckerei Poly Druck an der Ecke Reisstraße/Straße des 17. Juni in Niedersedlitz blieb standhaft: „Gelb ist doch eine schöne Farbe und die Farbe unseres Firmenlogos dazu. Wir konnten uns durchsetzen.“
Der Denkmalschutz habe versucht, ihm das Gelb auszureden, erzählt Leonhard Steinlein. Doch der Geschäftsführer der Druckerei Poly Druck an der Ecke Reisstraße/Straße des 17. Juni in Niedersedlitz blieb standhaft: „Gelb ist doch eine schöne Farbe und die Farbe unseres Firmenlogos dazu. Wir konnten uns durchsetzen.“
„Zusammen mit den Architekten haben wir uns für erdfarbene Töne entschieden, weil Graubraun für positive Energien steht“, sagt Feng-Shui-Beraterin Jana Raabe. Sie hat das ganze Gebäude an der Winterbergstraße auf Übereinstimmung mit der fernöstlichen Lehre getrimmt, auch die Bepflanzung und die Innenräume.
„Zusammen mit den Architekten haben wir uns für erdfarbene Töne entschieden, weil Graubraun für positive Energien steht“, sagt Feng-Shui-Beraterin Jana Raabe. Sie hat das ganze Gebäude an der Winterbergstraße auf Übereinstimmung mit der fernöstlichen Lehre getrimmt, auch die Bepflanzung und die Innenräume.
Vor zwei Jahren ließ Wirt Klaus Eidam sein Restaurant „Zum Klaus“ rot anstreichen. „Die Farbe gefällt den Gästen sehr gut“, sagt er. Das Haus steht direkt an der Meißner Landstraße in Briesnitz und ist somit ständig aufwirbelndem Dreck durch die Autos ausgesetzt. „An den roten Wänden sieht man das aber kaum“, so Eidam.
Vor zwei Jahren ließ Wirt Klaus Eidam sein Restaurant „Zum Klaus“ rot anstreichen. „Die Farbe gefällt den Gästen sehr gut“, sagt er. Das Haus steht direkt an der Meißner Landstraße in Briesnitz und ist somit ständig aufwirbelndem Dreck durch die Autos ausgesetzt. „An den roten Wänden sieht man das aber kaum“, so Eidam.

Im Stadtgebiet gibt es unterschiedliche Vorschriften. Die können in einem Bebauungsplan oder einer Satzung stehen. „Für Langebrück ist 1995 eine Gestaltungssatzung verabschiedet worden, um den unverwechselbaren Ortscharakter zu erhalten“, sagt Marx. Erlaubt sind hier nur helle und gebrochene Farbtöne, alles, was leuchtet, verstoße gegen die Satzung.

Und dabei findet Dresden gerade zurück zur Farbe: In der DDR war der Fassadenanstrich teuer und hielt auch nicht besonders lange – ein Riesenkontrast zur barocken Bauzeit. Besonders in der Frühphase dominierten kräftige Farben. Sie sollten die prächtige Wirkung der Bauwerke steigern, Kraft und Bewegung symbolisieren.

Für den Neumarkt gibt es sogar ein Farbkonzept, das sich daran orientiert, wie bunt die Häuser hier früher waren. „Es dient als Grundlage für die Erarbeitung von Bebauungsplänen und Gestaltungssatzungen“, so Marx. Damit soll genau jenes Farbspektrum eingehalten werden, um die historische Charakteristik des Neumarktes wieder aufleben zu lassen. Widersprüche oder Ausnahmen diskutiert die beratende Neumarkt-Gestaltungskommission.

Dass eine graue Fassade durchaus aufs Gemüt drücken kann, weiß auch der Münchener Wohnpsychologe Uwe Linke. Mit Farben verbinden Menschen Wärme und Geborgenheit, sagt er. Das schafft vor allem Orange. Kühle Töne wie Grün würden dagegen distanzierter wirken. Letztendlich entscheiden die Größe und die Lage des Hauses, wie Betrachter Farben wahrnehmen, als überwältigend, strapazierend oder dezent. Grelle Farben würden deshalb oft nicht passen, weil sie mit den Fassadenanstrichen der anderen Häuser nicht harmonieren.

Deshalb schaut das Dresdner Bauamt genau hin: „Bei einem Neubau oder einer genehmigungspflichtigen baulichen Änderung prüfen wir das Farbkonzept“, sagt Marx. Die gestalterische Beratung des Bauherrn sei kostenfrei. Unterschiedliche Auffassungen seien normal und würden beinahe täglich vorkommen. In den meisten Fällen könnte der Bauherr allerdings zur Einsicht gebracht werden. Widersprüche würden so zu 99 Prozent von vornherein ausgeräumt. Sanktionen habe es in den letzten Jahren nicht gegeben. Bei denkmalgeschützten Gebäuden darf die Stadtverwaltung sowieso Einfluss nehmen. Freie Farbauswahl haben Hausbesitzer nur dort, wo es keine Vorschriften gibt.

Während Langebrück noch über Ultramarin-Blau spricht, sieht der Bundesverband Deutscher Fertigbau den Mut zur Farbe erloschen. „Neue Häuser werden wieder traditionell gestaltet“, so Geschäftsführer Dirk-Uwe Klass. Der Trend: Verzicht auf zu viel Farbe. Gerade in unruhigen Zeiten sei die Sehnsucht nach Harmonie eben groß.