Von Matthias Klaus
Alles muss raus. Auch die kleinste Pfeife. Wenn schon, denn schon: Großreinemachen ist angesagt, der Königin der Instrumente in der Frauenkirche wird dabei ganz genau unters Kleid beziehungsweise in die Eingeweide geschaut. Vor fast 40 Jahren, am 26. Juni 1977, einem Sonntag, wurde die Orgel der Zittauer Firma Schuster mit einem festlichen Gottesdienst eingeweiht. „Eigentlich geht man davon aus, dass eine Orgel alle 20 Jahre gereinigt wird“, sagt Reinhard Seeliger. Gut, auf dem Dorf, wo es weniger feine und feinste Verschmutzungen in der Luft gibt, kann sich diese Spanne schon ein bisschen verlängern. Aber, so der Kirchenmusikdirektor, für die Orgel in der Frauenkirche wird es nun höchste Zeit.

Die Arbeiten in und an der Orgel übernimmt die Firma Orgelbau Rühle aus Moritzburg. Chef Christoph Rühle schaut sich selbst vor Ort in Görlitz um. Die Oberlausitz ist für den Orgelbauer kein Neuland. Die Firma kümmerte sich unter anderem schon um das Instrument in der Bergkirche Oybin und das in der Spittelkirche in Zittau. „Das Instrument hier in Görlitz ist in einem erstaunlich guten Zustand“, hat Christoph Rühle festgestellt. Es gibt nichts Außergewöhnliches, was zu reparieren sei. Auch der Holzwurm hat um die Schuster-Orgel bisher einen Umweg gemacht. Für Christoph Rühle und seine Kollegen bedeutet das: Neben der Überholung der Pfeifen werden beispielsweise die Windladen auf- und saubergemacht, undichte Stellen aufgespürt, Tasten mit neuem Filz versehen. „Man merkte schon, dass einige ein zu großes Spiel hatten“, schildert Kirchenmusikdirektor Reinhard Seeliger. Ähnliches gilt für Pedale. „Die Orgel wurde sehr gut durchdacht aufgebaut“, sagt Experte Christoph Rühle. Das geschah unter dem damaligen Kantor der Frauenkirche Manfred Ramsenthaler.
Das meiste, was nun kontrolliert und teils erneuert werden muss, sei gut zu erreichen. „Nebenbei“ wird zudem alte Technik ausgetauscht. Die Elektrik der Kirche ist bereits erneuert, allerdings nur bis an die Orgel heran. Nun bekommt das Instrument ebenfalls eine neue Verdrahtung. Und: Herkömmliche Glühbirnen sind ab jetzt Geschichte. „Sie haben die Luft erwärmt, das veränderte den Klang“, sagt Reinhard Seeliger. Künftig wird die Orgel mit LED erhellt. Auch ein anderer „Klassiker“ musste weichen: die bisherige Setzeranlage. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um eine programmierbare Spielhilfe für den Organisten, mit der er während des Orgelspiels schnell Klangfarbe und oder Tonstärke verändern kann. „Die bisherige Anlage befand sich in einem Stahlschrank, war rein elektromechanisch, funktionierte mit Relais“, schildert Kirchenmusikdirektor Reinhard Seeliger. Das bedeutete auch, dass die per Knopfdruck abrufbaren Programme zahlenmäßig beschränkt waren. Künftig wird ein Computer die Steuerung übernehmen, die Zahl der Programme ist daher nahezu unbegrenzt. Der alte Stahlschrank wurde bereits ausgebaut. Obwohl die Orgel in der Frauenkirche in einem guten Zustand ist: Die Arbeit ist für die Männer von Rühle mühevoll. Schließlich gibt es keine Heizung. Aber bis Ende März muss die Orgel fertig saniert sein. „Bis dahin gibt es Fördermittel“, sagt Reinhard Seeliger. Christoph Rühle ist zuversichtlich, dass die Arbeit bis dahin erledigt ist. Der Denkmalschutz wurde zeitig mit einbezogen, es gibt in dieser Hinsicht keine Probleme. Rund 80 000 Euro kostet das Vorhaben in der Frauenkirche, mit Gerüst- und Orgelbauern, Malern, Elektrikern... 51 000 Euro davon sind Fördermittel der Bundesregierung aus einem Orgelprogramm. Den „Rest“ stemmt die Gemeinde, der Kirchbauverein. Zum Vergleich: Der Bau der Orgel in der Frauenkirche mit ihren 2 313 Pfeifen kostete damals rund 140 000 DDR-Mark. Sie ersetzte 1977 das Instrument der in Schlesien bekannten Orgelbauer Schlag & Söhne. Der Neubau wurde nötig, weil die Technik der Orgel aus Schweidnitz nicht mehr richtig funktionierte, es gab Verzögerungen im Spiel.
Für die Gemeinde bedeuten die derzeitigen Reinigungs- und Erneuerungsarbeiten indes: Heiligabend ohne die Orgel. „Wir haben Bläser, einen Chor und eine kleine transportable Orgel“, sagt Kirchenmusikdirektor Reinhard Seeliger.