Von Heike Sabel
An einem Kessel bauen die Heidenauer derzeit noch. Er geht am 3. April raus. Was dann wird, hängt am seidenen Faden. Das erklärte Insolvenzverwalter Thomas Beck gestern den Beschäftigen. Die Mitarbeiter hatten Informationen gefordert. Sie sahen, dass kein Material mehr geliefert wurde und ahnten nichts Gutes. In der Tat sind die Aussichten nicht rosig. Die nächsten Tage werden entscheidend, sagt Beck.
Die Heidenauer Spezialmaschinenbau GmbH hatte im Juni vorigen Jahres Insolvenz angemeldet. Dem Betrieb war die Abhängigkeit von Siemens zum Verhängnis geworden. 90 Prozent des Umsatzes machten die Heidenauer mit dem Großkunden. Das hat in den vergangenen Monaten auch Interessenten abgeschreckt.
Die erste Folge war die Gründung einer Transfergesellschaft. In die kam im November ein Drittel der knapp hundert Beschäftigten. Am 15. April ist der letzte Tag für diese Gesellschaft. Die hier Beschäftigten werden arbeitslos. Beck hat für sie, auch wenn es gut läuft, keine Arbeit mehr. Aufträge für acht Kessel musste er ablehnen, weil sie mit zu großem Verlust gebaut worden wären. „Das wären unsere Sargnägel gewesen.“
Nun kämpft Beck mit Siemens um versprochene Aufträge, die Heidenau aber nur retten, wenn sie vorgezogen werden. „Wenn nicht, ist Mitte April Schluss“, sagt Beck. Die verbliebenen 55 Mitarbeiter und zwei Auszubildenden hörten es gestern und sind bedrückt.
Daran ändert auch die Aussicht auf eine „kleine Lösung“ nicht viel. Die will Beck zwar nicht, weil er weiter um die große kämpft, lässt sie aber trotzdem derzeit durchrechnen. Sie würde den Abschied von der Kesselproduktion und die Konzentration auf die in Drehstromtransformatoren eingesetzten Pressträger bedeuten. Gleichzeitig würde es das Aus für noch einmal etwa 25 Leute bedeuten, nur etwa 20 bis 25 könnten weiterbeschäftigt werden, sagt Beck. Er greife bisher zum Teil wegen hohen Krankenstandes auch auf etwa zehn Leiharbeiter zurück. Zudem werden Überstunden geschoben und es wird auch sonnabends gearbeitet, um Termine zu halten. Dafür lobt Beck die Belegschaft.
Er hatte zur Rettung des Heidenauer Betriebes auch Mitbewerber angesprochen. Solche, die kleine Kessel herstellen. Zu denen hätten die großen Kessel aus Heidenau gepasst. „Aber wir wollen die großen Kessel lieber selbst machen“, sagt Beck.
Die sechs Monate voriges Jahr seien aus Sicht des Insolvenzverwalters gut gelaufen. Auch 2013 habe gut begonnen. Beck hoffte immer auf besseren Umsatz. Damit wollte er den Betrieb mit einem Insolvenzplan weiterführen. Das hat den Vorteil, dass die Struktur des Unternehmens im Wesentlichen bestehenbleibt. Das Ziel hat er nach wie vor. Die Verhandlungen mit Siemens laufen auf Hochtouren.
Neben den 57 Mitarbeitern verfolgt auch Jürgen Brunner das Geschehen. 1990 hatte die Familie den von Brunners Urgroßvater 1886 gegründeten Betrieb zurückbekommen. Deshalb kam er nach 16 Jahren zurück aus den alten Bundesländern nach Heidenau. Jürgen Brunner teilte sich damals die Anteile mit Mutter und Geschwistern. Brunner investierte mehrere Millionen Mark. Er hoffte, damit im „furchtbaren Verdrängungswettbewerb“ mithalten zu können. Deshalb legte er Wert auf Vielseitigkeit. So entstand eine Dosieranlage für Bäckereien. Heute kämpft der Betrieb nach 127 Jahren ums Überleben.