Von Uwe Salzbrenner
Stuhl und Tisch werden für das Foto extra aus der Garage geräumt. Manaf Halbouni, der Künstler mit Hut, macht inmitten seiner Kunst ein gutes Bild. Ein sogar doppelt gutes: Predigt er nicht den Kommilitonen an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, man müsse raus aus der Akademie mit seinen Aktionen, aber auch andere Stadtteile als die Neustadt erreichen? Ist sein „Off Road Raum für Kunst“ in der Südvorstadt nicht an Passanten gerichtet, an Neugierige, dem Metier fremde?
Anfang des vorigen Jahrhunderts wohnten in dem Viertel noch die arrivierten Maler und ihre Sammler. Jetzt gibt es an der Hohen Straße Kunst barrierefrei. Der Künstler ist zudem für ein paar Tage anwesend und auch zu sprechen. Das senkt die Schwelle für die Vorbeikommenden.
Der ehemalige Fahrzeugunterstand mit dem patinierten Kupferbeschlag am Dachsims gehört zum Haus, in dem Halbouni seit 2009 in einer Wohngemeinschaft lebt. Sein Vermieter, ein Architekt, wohnt nicht nur gleichfalls in der WG, sondern ist auch ein Verwandter im Geiste. Was haben sie nicht in abendlicher Runde gemeinsam geschimpft, dass „keiner was macht“ aus ihrer Generation.
Schwere Möbel aus Beton
So war es nur ein Schritt, die Garage, die zuvor bereits als Jugendtreff, Trödelmarkt und zuletzt als Aushilfsatelier diente, in einen Ausstellungsraum zu verwandeln. Farbe für die Wände genügte; der Unterhalt kostet Halbouni wenig.
Dass der 29-jährige Bildhauer selbst die erste Schau bestreitet, gemeinsam mit dem Maler Jonathan Kraus, erleichtert die Betreuung. Die Ausstellenden werden aber auch künftig bei ihren Werken sitzen. Das ist nicht allein Service für die Neugierigen. Wer kann sich für die Betreuung eines Ausstellungsraums schon einen Assistenten mieten? Die zweite Schau ist für Mai eingeplant, mit Nadine Baldow und Nora Grosche. Weitere Ausstellungen von und mit jungen Künstlern sind für den Sommerbetrieb vorgesehen. Eröffnung jedes Mal am ersten Freitag im Monat, was die Nachbarn nicht stören muss: Das Haus hat einen Partykeller.
Wie und warum seine Möbel aus schwerem Betonguss und Kiefernholz durch Anordnung und Zutaten sowohl auf Gewalt als auch auf eine Vorstellung vom guten Leben hinweisen, das wird Halbouni den Passanten sicher erklären müssen. Der Sohn eines Syrers und einer Deutschen besitzt beide Staatsbürgerschaften. Sein in Damaskus begonnenes Studium der Bildhauerei setzte er 2008 in Dresden, der Heimatstadt seiner Mutter fort. Er entging so dem zweieinhalbjährigen Militärdienst in Syrien. Doch seitdem kann er nicht mehr dorthin zurück. Der Bürgerkrieg prägt Halbounis Kunst. Am Tisch könnten viele sitzen, wie in Damaskus verschiedene Ethnien und Religionen traditionell zwar in getrennten Vierteln, doch im Einvernehmen leben. Doch beansprucht der Diktator bislang den Vorsitz allein, deshalb nur ein Stuhl. Auf die zuckerumhüllten Schoko-Nüsse in der Vertiefung der Tischplatte hat Halbouni die Namen aller seiner Freunde geschrieben.
Kunstraum Off Road, Dresden, Hohe Straße 37a. Die erste Ausstellung ist bis zum 9. April zu sehen, geöffnet jeweils von 11 bis 17 Uhr.