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Herrnhuts 1.000-Euro-Spritze gegen Corona

Die Stadt vergibt an Kleinstunternehmen Überbrückungsgeld. Einige zweifeln, ob das was bringt. Im Einzelfall sind die Gelder aber ein echter Rettungsanker.

Von Anja Beutler
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Romain Kirchners Räucher-Häusl in Ruppersdorf beutelt die Corona-Krise stark: keine Gäste für Übernachtung und in der Gaststätte. Aber er räuchert für seine Kunden weiter.
Romain Kirchners Räucher-Häusl in Ruppersdorf beutelt die Corona-Krise stark: keine Gäste für Übernachtung und in der Gaststätte. Aber er räuchert für seine Kunden weiter. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Ein Glücksmoment im Corona-Unglück - Romain und Silke Kirchner haben ihn vor Kurzem erlebt. Kirchners betreiben seit Jahren das Räucher-Häusl in Ruppersdorf, das nicht nur für seine Spezialitäten von Schinken bis Käse bekannt ist, sondern auch für seine Gastlichkeit. Doch, was sie sich aufgebaut haben, ist durch die Corona-Beschränkungen fast gänzlich in sich zusammengefallen. "Krass ausgedrückt, sind für uns 90 Prozent der Einnahmen mit einem Mal weggebrochen", sagt Romain Kirchner. Umso mehr freute er sich über eine überraschende finanzielle Hilfe der Stadt Herrnhut.

Die Stadt zahlt nämlich eine Art Corona-Hilfe von bis zu 1.000 Euro an lokale Kleinstunternehmen aus - einmalig in der Region. "Ich habe erst mal bei der Stadt angerufen, wie das zu verstehen ist - man muss ja heutzutage alles hinterfragen, damit die Sachen nicht am Ende nach hinten losgehen", erinnert sich Kirchner.

Aber da gab es keinen Haken: "Das Geld ist ein Geschenk", sagt er - und meint das im doppelten Sinn. Denn während Kirchners derzeit weder Übernachtungsgäste beherbergen, Reisegruppen beköstigen oder die zahlreich angekündigten Familienfeiern ausrichten dürfen, laufen viele Kosten einfach weiter: "Heizung, Kredite - das muss ja bedient werden", sagt er. 

Friseure, Kosmetikstudios, Gastronomie brauchen Hilfe

So klein die Summe mit Blick auf den unterm Strich stehenden Gesamtverlust auch sein möge, Einzelunternehmern in der Friseur- oder Kosmetik-Branche oder in der Gastronomie nimmt sie die Sorgen ab. "Momentan hilft jeder Cent", beschreibt Kirchner. Erleichternd war zudem, dass alles so unkompliziert gelaufen ist: "Ich habe mich dafür per Formular angemeldet, die Stadt hat entschieden und zwei, drei Tage später hatte ich das Geld auf dem Konto", berichtet er - und schiebt gleich nach: "Wir sind dafür sehr, sehr dankbar!"

Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke (Herrnhuter Liste) ist froh, dass man diesen Schritt gegangen ist und zunächst 10.000 Euro im Haushalt der Stadt umgeschichtet hat. "Es ist ein Zeichen der Solidarität und das wird geschätzt", bilanziert er. Vielfach war das Geld im Etat für Dinge verplant, die momentan ohnehin nicht stattfinden können. Über die 10.000 Euro-Marke sei man sogar inzwischen hinaus: "Wir haben bislang 19.500 Euro Liquiditätshilfe für insgesamt 25 Kleinstunternehmen bewilligt", fasst Riecke zusammen. 

Je nachdem was nötig war - eine konkrete Mietzahlung oder ein Versicherungs- oder Berufsgenossenschafts-Beitrag - habe man unterschiedliche Summen ausgezahlt, eben auch mal 200, 500 oder 700 Euro. "In etwa der Hälfte der Fälle waren es aber die maximalen 1.000 Euro", führt Riecke aus. Abgeschlossen ist das Programm noch nicht - aber unendlich fortführen kann es die Stadt auch nicht.

Verkaufen, versenden, Neues versuchen

Romain Kirchner konzentriert sich derweil darauf, das Familienunternehmen trotz Corona über Wasser zu halten: "Wichtig ist, den Laden in Ruppersdorf jetzt als Anlaufpunkt geöffnet haben, außerdem bin ich mittwochs auf dem Zittauer Wochenmarkt", sagt er. Zudem setzt er zunehmend auf Versand der Produkte - verstärkt auch bis Görlitz, wo er auf dem Naschmarkt viele Fans gewonnen hat, aber auch nach Bayern.

Ein neues Standbein hat der seit 2004 selbstständige Ruppersdorfer auch noch im Visier: Noch vor Corona hat er mit einem Unternehmen aus Südtirol Kontakte geknüpft, Infrarot-Wärmekabinen für zu Hause zu verkaufen. "Wir bieten das hier vor Ort an und kümmern uns auch um den Service", sagt Kirchner. So könnten sich die Kunden wenigstens Wellness nach Hause ordern, wenn sie schon nicht ins Räucher-Häusl zum Verwöhnen kommen können, meint er augenzwinkernd.

  • Das Räucher-Häusl ist außer mittwochs Montag bis Freitag von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr geöffnet, am Sonnabend von 9 bis 12 Uhr.

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