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Herrnhuts neue Hausärztin

Wo jahrelang Dieter Gärtner seine Patienten betreute, schlüpft jetzt Marina Sarf in den Arztkittel. Dass sie in die Oberlausitz kommt, ist nicht nur Zufall.

Von Anja Beutler
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Marina Sarf ist die neue Ärztin in der Herrnhut. Sie ist die Nachfolgerin von Dieter Gärtner und arbeitet als angestellte Ärztin bei Ute Taube.
Marina Sarf ist die neue Ärztin in der Herrnhut. Sie ist die Nachfolgerin von Dieter Gärtner und arbeitet als angestellte Ärztin bei Ute Taube. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Marina Sarf wirft einen Blick in den Impfkalender der Patientin: "Die Impfung gegen Poliomyelitis - Kinderlähmung - würde ich Ihnen empfehlen nachzuholen, vor allem, wenn sie in Ihrer Familie kleine Kinder haben." Sich in diesen Zeiten gut zu schützen, dass ist jetzt ein großes Thema, bestätigt die kleine Frau mit den wachen, hellen Augen. "Viele Patienten wollen auch wissen, ob sie zur Corona-Risikogruppe zählen", berichtet sie von ihren ersten Eindrücken an ihrem neuen Arbeitsort.

Seit 5. Mai arbeitet sie in der Herrnhuter Praxis in der Oskar-Lier-Straße - und ist begeistert: "Die Menschen sind sehr angenehm, herzlich und offen auch für Neues", schätzt sie ein. Also keine Granitschädel-Erfahrungen gemacht? Die 34-Jährige lacht: "Nein, ich würde sagen, die Leute hier sind direkt, aber das ist für mich kein Problem." Kein Wunder, denn die Wurzeln der in Ungarn aufgewachsenen Frau liegen in der Oberlausitz.

"Ja, meine Mutter stammt aus Ebersdorf bei Löbau", erzählt Marina Sarf. Deshalb spielte die Oberlausitz in ihrem Leben schon immer eine Rolle - in Familien-Erzählungen oder als Urlaubsort in den Ferien. Aufgewachsen und zum Studium gegangen ist die junge Ärztin aber in Ungarn. Anschließend hat sie in Deutschland gearbeitet und sich "immer weiter der Oberlausitz genähert", erklärt sie.

In Thüringen hat sie als Assistenzärztin in der Dermatologie gearbeitet, dann kam der Wunsch, Allgemeinmedizinerin zu werden. In Dresden war sie bereits in einer Hausarztpraxis tätig, zuletzt arbeitete sie in der Reha-Klinik in Kreischa. Zu Dieter Gärtner hatte sie bereits vor einiger Zeit Kontakt, bestätigt Frau Sarf. Doch immer stand einem Wechsel in die Zinzendorfstadt etwas im Wege. "Das konnten wir jetzt mit Frau Taube endlich klären", sagt sie.

Schwieriger Weg zurück zu den Wurzeln

Ute Taube ist nun ihre neue Chefin. Die Berthelsdorfer Allgemeinmedizinerin hatte im Juli 2019 die Gärtner-Praxis als Außenstelle übernommen. Dieter Gärtner arbeitete seither als ihr angestellter Arzt - um die Zeit bis zu einer Nachfolgerin zu überbrücken. "Auch jetzt, in der Übergangszeit, ist er noch zu seinen Sprechstunden in der Praxis, wird sich dann aber zurückziehen", erklärt Ute Taube. Marina Sarf wird hoffentlich im Sommer ihr abschließendes Zertifikat als Allgemeinmedizinerin in den Händen halten. Wenn Corona nicht dazwischenfunkt ...

Ohnehin hat das Virus so einiges verschoben in ihren Planungen: den Umzug von Dresden nach Herrnhut zum Beispiel. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem vierjährigen Kind hat sich die junge Ärztin jetzt hier angesiedelt und fühlt sich mit dem Olbersdorfer See, dem Zittauer Gebirge und vielen Radwegen in der Nähe sehr wohl. "Ich mag das Land, wo man viel draußen sein kann", erzählt sie. Und wenn das Wetter nicht danach ist, dann ist sie gern kreativ: "Kochen, häkeln, basteln - das mache ich alles gern", sagt sie. Ihre Mutter hat sich über die Rückkehr in die alte Heimat ebenfalls gefreut. "Sie wollte zurück, hat mich aber nicht gedrängelt", sagt die Medizinerin, die froh ist, dass sich jetzt alles so gut gefügt hat.

Dass Herrnhut eine besondere Geschichte hat, die in der Stadt auch heute noch zu spüren ist, wusste Marina Sarf schon aus den Erzählungen in der Familie. "Von der Herrnhuter Brüdergemeine habe ich viel gehört", sagt sie. Aus ihrer Kindheit kannte sie zudem ähnliche Strukturen aus einer calvinistisch geprägten Gemeinde. "Ich komme hier deshalb sehr gut klar", sagt sie.

Mehr Zeit für Berthelsdorfer Praxis

Während sich Marina Sarf nun als Ärztin in Herrnhut einarbeiten wird, konzentriert sich Ute Taube wieder ein bisschen mehr auf Berthelsdorf: "Ich werde meine Sprechzeiten in Berthelsdorf wieder erweitern, so wie es vor der Übernahme der Praxis in Herrnhut war", sagt sie. In Herrnhut wird Frau Taube künftig aber weiterhin immer Donnerstagvormittags ihre Patienten betreuen. Die genauen Öffnungszeiten wird sie in den kommenden Tagen bekannt geben.

Marina Sarf kann es nach den ersten Tagen selbst kaum erwarten, so richtig anzukommen. Allgemeinmedizinerin zu werden, in einer Praxis zu arbeiten, das sei ihr großer Wunsch gewesen: "Man hat selbst mehr Entscheidungs- und Gestaltungsfreiraum, das schätze ich sehr", sagt sie. In absehbarer Zeit möchte sie beispielsweise auch ihre Akupunkturausbildung mit einbringen. Aber erst, wenn sie richtig angekommen ist im Alltag.

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