SZ +
Merken

Herzkissen mit Herz

Im Familienzentrum Niesky nähen Frauen für Frauen mit Brustkrebs. Aber es gibt noch mehr Angebote für Betroffene.

Teilen
Folgen

Von Annett Preuß

Krebs. Die Diagnose stellt das Leben eines Betroffenen auf den Kopf. Nach Operation, oft auch Chemotherapie und Bestrahlung bleiben bohrende Fragen, häufig auch Angst und ein schwarzes Loch. Doch es gibt Menschen, die Krebskranke auffangen – und auf ganz verschiedenen Wegen für Licht im Alltag sorgen. Im Kinder- und Familienzentrum Niesky hat sich so ein Anlaufpunkt etabliert.

Herzkissen spenden Trost und bieten Schutz nach Brust-OP

Angenehm weich fühlt es sich an, sitzt dank seiner langen Ohren bequem und ist fröhlich bunt. Gut vorstellbar, dass so ein Herzkissen nach einer Brustoperation Schmerzen lindert. Unter dem betroffenen Arm getragen, soll die Herzform Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, aber auch Mut machen. „Unsere Herzkissen kommen von Herzen“, sagt Dagmar Weinig, die Leiterin des Zentrums. Bis zu acht Frauen treffen sich seit Januar mittwochs, um zu nähen, darunter Mitglieder des Trägervereins des Familienzentrums, des Ortsverbandes Niesky des Deutschen Hausfrauen-Bundes (DHB), aber auch Nicht-Mitglieder. So wie Diana Bernhard. Flugs entsteht unter den geschickten Händen der Nieskyerin ein Kissen aus Baumwollstoff. Um die 170 Gramm Füllwatte hineinzubekommen, nimmt sie einen Kochlöffel zu Hilfe. Zunähen und fertig. „Ich finde, das ist eine schöne Idee, anderen zu helfen“, sagt sie. Jeder kenne doch jemanden, der schwer krank ist und weiß deshalb, wie gut Zuwendung tut, sagt Manuela Schönherr, eine andere Mitstreiterin.

Die Idee dafür kommt aus den USA. Über eine dänische Krankenschwester gelangte sie nach Deutschland. Die stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende Christine Scheller brachte sie vom DHB-Bundeskongress 2011 in Erlangen mit. Zu jenen, die sie nun gerne aufgreifen, gehört auch Ute Bürger. „Ich tue jetzt das, was ich bei der Erkrankung meiner Tochter auch gebraucht hätte: Ich versuche, Betroffene und ihre Angehörigen aufzufangen.“ Abnehmerinnen für die Herzkissen gibt es genügend: Jährlich erkranken allein in Sachsen etwa 2700 Frauen an Brustkrebs.

Auch Nichtnäherinnen können helfen: mit Stoffspenden, Füllwatte, gerne auch Geld. „Wichtig ist, dass wir nur reine Baumwollstoffe verarbeiten, die bei 60 Grad waschbar sind“, sagt Ute Bürger.

Sport in der Gruppe mildert Therapiefolgen und macht Spaß

Scherze fliegen hin und her, während die Frauen die Zehen bewegen, als wollten sie ein Loch buddeln. Eine Übung gegen kalte Füße und Empfindungsstörungen, Polyneuropathie genannt. Diese Symptome stellen sich nach einer Chemotherapie oft ein, lähmende Müdigkeit und Konzentrationsstörungen auch. Gegen die Folgen ihrer verschiedenen Krebserkrankungen tun die Frauen etwas, die seit August 2011 montags im Familienzentrum Sport treiben. Eine Stunde nach individuellem Vermögen, sagt Therapeutin Diana Ciechonska von der Physiotherapie Penkin Kodersdorf. „Jeder macht so mit, wie er kann“, sagt sie. Manche der Frauen stecken noch in der Behandlung, andere haben sie überstanden, aber alle haben Spaß und loben ihre einfühlsame Vorturnerin.

Marianne Eichler aus Lodenau ist von Beginn an dabei. „Ich habe mal zur Ute gesagt, dass so etwas in Niesky fehlt.“ Ute Bürger griff die Anregung auf und schob das Projekt einer Krebssportgruppe im vorigen Jahr mit dem Rehabilitationssportverein Rehaktiv Kodersdorf an, unterstützt vom Gesundheitsamt des Kreises. „Sport in der Gemeinschaft tut gut“, sagt sie. Keiner brauche sich zu schämen oder verstecken, weil alle die selbe Last tragen. Der Verein bringt als Partner der Sächsischen Krebsgesellschaft das Fachwissen mit, was gut tut, was eher schadet. Den Sport zur Gesundung gibt es auf Rezept, 50 Mal in der Regel. „Wir werden auch für die Zeit danach eine Lösung finden“, sagt Diana Ciechonska. Denn jetzt ist Halbzeit. Nicht nur Gisela Ebeling möchte aktiv bleiben und unter Leute, auch Waltraud Klose: „Das hier tut richtig gut“, sagt die Frau aus Kreba-Neudorf.

Offener Treff bietet

offenes Ohr und Kontakte

Beim Sport sind die Frauen unter sich. Noch, hofft Ute Bürger. Denn auch betroffene Männer seien willkommen. So wie im offenen Treff für Erkrankte, ihre Freunde und Angehörigen, der auch im Familienzentrum angesiedelt ist. „Das ist wirklich prima, dass uns der Raum zur Verfügung steht“, sagt Ute Bürger. Mit dem Treff fing 2010 der ehrenamtliche Einsatz der Nieskyerin an. Sie begleitet Tumorkranke, vermittelt Kontakte zum Gesundheitsamt oder anderen Hilfen, klärt Fragen. Oft brauchen die Besucher einfach nur ein offenes Ohr. Zum Beispiel der Herr, der sie vor der Sportgruppe aufsucht: „Er war im Herbst da. Nun wollte er mir erzählen, wie es ihm geht.“

Offener Treff: am ersten Montag im Monat von 9 bis 11 Uhr.

Krebssportgruppe: immer montags, 11 bis 12 Uhr (Schnuppern ist erlaubt).

Herzkissen nähen: Mittwochvormittag ab 9 Uhr (außerhalb der Ferien); Spendenkonto: DHB Ortsverein Niesky, Konto 41004817, Bankleitzahl 85050100, Stichwort „Herzkissen“.

familienzentrum-dhb-niesky.de