Von Jana Ulbrich
Die Hexenfeuer absagen? Ein Unding? Die Lausitz ohne Walpurgisnacht? „Das geht nicht!“ Gerd Schuster schüttelt den Kopf und lässt keinen Zweifel. Das kann er seinem Dorf nicht antun, sagt der Bürgermeister von Neschwitz. Auch nicht bei Waldbrandwarnstufe 5, der allerhöchsten, die es gibt und die für heute erwartet wird. Auch dann nicht! Da müsste schon eine Anordnung von oben kommen.

Die aber hat es bis gestern nicht gegeben. Und es ist unwahrscheinlich, dass da aus dem Landratsamt heute noch was kommt. Kreisbrandmeister Manfred Pethran will auch gar nicht eingreifen. Er will ja am Ende nicht derjenige sein, der das erste große Open-Air-Ereignis des Jahres platzen lässt. Ein Fest, auf das alle in der Lausitz einen ganzen Winter lang gewartet haben. Und das heute Abend keinen in der Stube lässt. Manfred Pethran sieht in der Waldbrandgefahr auch keinen Grund für eine generelle Absage der Veranstaltungen. „Wir haben das Hexenbrennen noch nie verboten“, sagt der oberste Feuerwehrmann des Kreises. Auch nicht bei ähnlicher Gefahrenlage. Und es sei noch nie etwas passiert. Überhaupt wolle sich der Landkreis in diesem Fall nicht einmischen in die Angelegenheiten der Gemeinden. Die Bürgermeister selber sind dort die obersten Hüter von Recht und Ordnung und Sicherheit. Und sie müssen entscheiden, ob die Reisighaufen gefahrlos brennen können.
„Wenn die Sicherheitsvorschriften alle eingehalten werden, ist das auch problemlos möglich“, gibt der Kreisbrandmeister den Veranstaltern Rückhalt. Aufpassen statt Absagen sei die bessere Devise: einen sicheren Standort wählen, mindestens 100 Meter Abstand zum Wald halten, mindestens 50 Meter Abstand zu Wohngebäuden und ausreichend viel zu Gehölzen und anderem leicht Brennbaren in der Nähe. Und günstig sei es, die Feuerwehr gleich dabeizuhaben. Aber das ist ja bei den meisten Hexenfeuern ohnehin der Fall.
Vor Leichtfertigkeit wird eindringlich gewarnt. Vor allem, wer heute ein Feuer im eigenen Garten entzündet, sollte sich vorsehen und am besten gleich Löschwasser bereithalten. Neben den großen Scheiterhaufen in den Städten und Gemeinden werden heute Abend auch Hunderte private Feuer brennen. 200 Anmeldungen sind da in manchen Orten keine Seltenheit, weiß der Kreisbrandmeister.
Die ungewöhnliche Trockenheit ist Ursache für die hohe Waldbrandgefahr. Seit Jahresbeginn ist in der Lausitz im Durchschnitt nur halb so viel Niederschlag gefallen wie normalerweise um diese Zeit. An der Wetterstation in Kubschütz hat der Deutsche Wetterdienst bis einschließlich gestern gerade mal 115,5 Millimeter gemessen – bei einem langjährigen Mittel von 194 Millimetern, in Bad Muskau sogar nur 109 Millimeter statt durchschnittlich 227. „Das ist wirklich extrem wenig“, sagt Anja Juckeland vom DWD. Noch dazu waren die letzten sieben Monate von Oktober bis April im Monatsmittel alle zu warm.
Beim Sachsenforst macht man sich deswegen schon länger Sorgen um den Zustand der Wälder. Zwar gebe es jetzt kein generelles Verbot, den Wald zu betreten, sagt Sprecher Daniel Thomann. Man sollte es bei dieser Brandgefahr aber lieber unterlassen. Auch Zufahrtswege dürfen auf keinen Fall zugeparkt werden.
Eine Entspannung der Situation aber ist in Sicht: Es soll kühler werden am Feiertag, und spätestens am Freitag soll es Schauer geben. Ganz schnell ist die Waldbrandgefahr dann auch wieder vorüber.