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Hier wohnen Texaner und Elsterkröpfer

Als ich das Tor zum Bauerngut öffne, begrüßt mich der Mischlingrüde Flocki mit lustigem Gebell. Umringt von drei Katzen, erwarten mich Ingeborg und Rudolf Kluge. „Zwei niedliche kleine Kätzchen haben wir auch noch“, freut sich die Schwiegertochter.

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Von Brigitte Abend

Als ich das Tor zum Bauerngut öffne, begrüßt mich der Mischlingrüde Flocki mit lustigem Gebell. Umringt von drei Katzen, erwarten mich Ingeborg und Rudolf Kluge. „Zwei niedliche kleine Kätzchen haben wir auch noch“, freut sich die Schwiegertochter.

Sie nimmt mich mit zu ihren Höckergänsen, die unsere Annäherung lautstark kommentieren. Was mir Ingeborg Kluge nun vorschwärmt, finde ich beim Anblick der Tiere bestätigt. Sie sind wild und frech, aber elegant und graziös wie Schwäne. Dass sie es schafft, dass ihr ein Tier aus der Hand frisst und sie es hochnehmen kann, sei etwas Besonderes, erzählt sie, denn Höckergänse seien nicht bereit, sich unterzuordnen. Zwei bis drei Paar hält sie für die Zucht. Je nach ihren Eigenschaften wählt sie Jungtiere für Zucht und Ausstellungen aus oder für Ernährungszwecke. Zu den 14 Junggänsen, die sich gesund und kräftig in einem Gatter tummeln, kommen nach dem Schlupf noch etwa 50 hinzu.

Arbeit sei das schon, bestätigt die Geflügelzüchterin. Rund eine Stunde am Tag braucht die Berufstätige für das Einstreuen von Stroh und das Futtermischen. Jungtiere bekommen Starterfutter in Form von Pellets und mit dem Häcksler zerkleinerte Brennnesseln. Schon seit ihrer Kindheit gefällt ihr besonders diese Rasse. Ihr Vater hielt einst Fasane und Höckergänse.

Nachbarn tolerieren

lautes Geschnatter

Angesichts des Geschnatters wird klar, warum diese Tiere im Volksmund auch Trompetengänse heißen. Doch die Nachbarn in Poppitz tolerieren das und haben sich daran gewöhnt. „Außerdem reagieren sie nur, wenn ihnen jemand zu nahe kommt“, weiß Ingeborg Kluge.

Regelmäßig nimmt sie mit ihren prächtigen Gänsen an Ausstellungen teil. Im vergangenen Jahr erhielt sie für drei Tiere auf der „Lipsia“ drei Preise. Bei solchen Anlässen weiß sie, wo sie in der Zucht steht und kann direkt beim Züchter neue Tiere kaufen, um Inzucht zu vermeiden. Doch auf dem 1833 erbauten Gehöft erhebt sich noch eine lautere Stimme. Beim Näherkommen begrüßt uns der Pfauhahn mit aufgestelltem Gefieder. „Das passiert gerade zurzeit oft“, erklärt Rudolf Kluge. Es ist Paarungszeit. Aber der Hahn bemüht sich vergebens, weil die Henne an der Schwarzkopfkrankheit verendete. Auf Nachwuchs bereitet sich im angrenzenden Gehege eine Jagdfasanhenne vor. Und auf dem Weg durch das Grundstück betrachten wir Gelbe Orpington, Schwarze Wyandotten, Brünner Kröpfer, Texaner und seine Favoriten, die Elsterkröpfer.

Mit fünf Jahren erstes Täubchen bekommen

Das ist längst nicht der ganze Tierbestand. Etwa 50 Legehühner, ebenso viele Kaninchen und Kanarienvögel, in zwei zur Verschrottung vorgesehenen und hübsch ausgestalteten Telefonhäuschen gerade mit der Brut beschäftigt, gehören noch dazu. Einige Tiere gehören Sven Kluge. Da er jedoch in München arbeitet, versorgen Mutter und Großvater sie mit.

Mit fünf Jahren bekam Rudolf Kluge die ersten Tauben geschenkt. Als Schuljunge besuchte er immer wieder Züchter, um einen Blick in deren Taubenschlag zu erhaschen. Mit seinen damals schmalen Händen half er Ferkeln ans Licht der Welt. Die bäuerliche Umgebung stärkte nicht nur seine Liebe zu Tieren und zur Umwelt. Er gewann viel Erfahrung und half später in der Nachbarschaft bei problematischen Tiergeburten.

„Viel Arbeit?“ lächelt der 73-Jährige. „Ich habe den ganzen Tag Zeit.“ Er baut Kartoffeln, Rüben und Möhren für Futterzwecke an, sät nach der Zuchtsaison der Hühner und Gänse Rasenflächen neu ein und schweigt ansonsten darüber, weil es für ihn selbstverständlich ist. So bleibt er den ganzen Tag in Bewegung. Nur einmal war er mit seiner Frau fünf Tage im Urlaub. Am Ende war er fast krank vor Sehnsucht nach seinen Tieren.

Bei aller Liebe zu seinen Schützlingen war für ihn der Nutzen für die menschliche Ernährung nie in Frage gestellt. Nur besonders gute Muttertiere bei Schafen – die hält er heute nicht mehr – und Kaninchen verschenkte er manchmal, weil er es nicht übers Herz brachte, sie zu schlachten.