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„Hier wurde jeden Tag trainiert“

Riesaer Pferdesportler begrüßen die Planung für ein Leistungszentrum auf Gut Göhlis. Reiten habe dort Tradition.

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© Matthias Seifert

Von Julia Solinski

Riesa. Heftig waren die Reaktionen auf das Angebot von Jens Worreschk, der Stadt Riesa das Gut Göhlis abzukaufen, um dort ein Zentrum für den Pferdesport einzurichten. Denn bis auf das Tierheim müssen die jetzigen Nutzer den Plänen des Investors weichen. Kein Wunder also, dass sich die Mitglieder von Sprungbrett e.V., samt Schäfer Axel Weinhold, die Discgolfer, die IG Dunkelbunt sowie der Hundesportverein zunächst mit Kräften gegen das Vorhaben sträubten.

Ganz anders Lilo Beyer und Horst Zieger. „Das ist eine einmalige Gelegenheit“, sagt der Rentner begeistert, der auf seinem Grundstück in Poppitz selbst Pferde hält. Nicht nur, dass die Stadt Riesa damit auf einen Schlag von der millionenschweren Sanierung des denkmalgeschützten Dreiseitenhofes befreit werde – die Idee des Investors schlage auch eine Brücke in die Vergangenheit, als Teile der Gutsfläche noch für den Pferdesport genutzt wurden. „1956 habe ich angefangen, hier zu trainieren“, erzählt Lieselotte Beyer, genannt Lilo. „Damals war die Wiese noch eine einzige Sandfläche. Gemeinsam mit unseren Familien haben wir hier nach und nach einen richtigen Reitplatz angelegt.“

„Die beste Reiterin der DDR“

Und nicht nur das: Vier Koppeln sowie eine Tribüne für Zuschauer seien damals durch die ehrenamtliche Arbeit der Pferdesport-Enthusiasten entstanden. Die 1943 geborene Beyer trainierte hier täglich. „Jeden Tag nach der Schule bin ich hierhergekommen. Das hier war unsere zweite Heimat.“

Die Bemühungen zahlten sich aus. Ab den 60er Jahren nahmen die Reiterinnen und Reiter als „Sektion Pferdesport“ von Chemie Riesa regelmäßig an Turnieren teil. Beyer holte allein 13 DDR-Meistertitel im Spring- und Dressurreiten. Selbstbewusst bezeichnet sie sich als „die beste Reiterin der DDR“. Horst Zieger stimmt ihr zu. Auch er hat jahrzehntelang auf dem „Volksgut Göhlis“, wie es zu DDR-Zeiten hieß, seine Pferde trainiert. Mit der Wende verlor das Reiten auf Gut Göhlis allerdings nach und nach an Bedeutung. Dennoch bleib Horst Zieger dabei und kümmerte sich gemeinsam mit den wenigen verbliebenen Aktiven der Abteilung Pferdesport des SC Riesa um die Pflege der Reitsportanlage. Regelmäßig hätten sie die Begrenzungen gestrichen und den Rasen gemäht, erinnert sich der Reitsportfan und betont: „Wir kennen hier jeden Stein und jede Bodendelle.“

Vor Ort mit einem Gutachter

Dennoch vergab die Stadt einen Teil der Fläche im Jahr 2003 an den Hundesportverein Riesa e.V. Der Verein sanierte daraufhin aus eigenen Mitteln „das komplette Dach des Gesamtgebäudes“, das an die genutzte Wiese grenzt, wie der Vorsitzende Peter Huss gegenüber der SZ sagt. Obgleich er einräumt, dass der Reitsportverein zu jener Zeit ebenfalls Ausbesserungsarbeiten an dem betreffenden Gebäude vornahm, wundert es ihn nicht, dass dem Verein 2007 vorzeitig der Pachtvertrag gekündigt wurde: Einen „erkennbaren Trainingsbetrieb“ hätte es zu dieser Zeit nicht mehr gegeben. Horst Zieger hingegen hatte das vorzeitige Ende des Reitsports auf Gut Göhlis damals tief getroffen. Umso mehr freut es ihn und die ehemalige Sportreiterin Lilo Beyer nun, dass auf „ihrer“ Anlage wieder geritten werden soll. „Ich habe zwar Mitleid mit den Vereinen hier, aber Jens Worreschk hat mit seinen Plänen einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht“, bekräftigt sie.

Wo die derzeit noch auf Gut Göhlis ansässigen Vereine in Zukunft unterkommen, hängt nun maßgeblich von der Schäferei ab. Erst wenn klar ist, ob Schäfer Axel Weinhold mit seinen Tieren im nördlichen Gebäude-Ensemble einziehen kann, kann die Stadt weiter planen. Laut Oberbürgermeister Marco Müller (CDU) hat es bereits eine Vorortbegehung mit einem Gutachter gegeben. Der Experte soll herausfinden, ob die Schäferei an dieser Stelle die Anwohner stören würde. Das Ergebnis wird in der kommenden Woche erwartet.