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Hightech in der Southwall-Street

Die Dreebit GmbH Großröhrsdorf hat ihren neuen Firmensitz offiziell in Betrieb genommen. Hier wird Zukunftsmusik gespielt.

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Von Frank Oehl

Schon mal was von Ionenquellen gehört? Oder Kalter Fusion? Oder Hotlabor? In der Firma Dreebit in Großröhrsdorf fliegt einem das Fachchinesisch nur so um die Ohren. Das liegt an der komplizierten Materie eines ganz besonderen wirtschaftlichen Engagements. So manchem Ehrengast der offiziellen Betriebssitz-Eröffnung in der Southwallstraße wird am Mittwochnachmittag auch auf diese Weise klar geworden sein: Hier geht’s um Zukunftsmusik. Mehr als 3,5 Millionen Euro, auch Fördergelder, flossen in Hallen- und Bürogebäude, wo man bereits 41 Leuten einen sicheren Arbeitsplatz bietet. Und die Tendenz? Weiter steigend!

Darüber freut sich natürlich auch Bürgermeisterin Kerstin Ternes. „Das ist ein schöner Tag für uns.“ Das moderne Werk in modernem Design reihe sich ein in eine ganze Kette von Firmen, die sich hier in den letzten Jahren angesiedelt habe. „Das liegt sicher auch an den guten Rahmenbedingungen, die Großröhrsdorf bietet.“ Ternes nannte das gute Kita-Angebot, die medizinische Versorgung, das neue Bildungszentrum. Alles Standortfaktoren, die für steten Fachkräfte-Nachfluss sorgen könnten, so die Bürgermeisterin.

Von Strahlung und Atom

Dies unterstrich auch Steffen Domschke, der Landrat Michael Harig vertrat. Von der wirtschaftlichen Materie der Dreebit verstehe er nicht viel, aber das ausgewiesene Spezialistentum fördere ja auch den mittelständischen Branchenmix, und der sei allemal weniger Gefahren ausgesetzt als die berühmten Leuchttürme, die es natürlich auch geben müsse. „Bei Ihnen geht es um Strahlung und Atom – Sie sind trotzdem willkommen!“ Mit diesem Bonmot hatte der 1. Beigeordnete des Landkreises die Lacher auf seiner Seite.

So gab es nur Lob der Dreebit-Inhaber: Atomphysiker Dr. Günter Zschornack und Vakuum-Service-Experte Dr. Frank Großmann. Seit 2006 arbeiten beide am Gemeinschaftsunternehmen. Wenn man sein Profil genauer beschreiben wollte, müsste man tatsächlich ins Fachchinesische abgleiten. Es geht nämlich um sogenannte Ionenquellen. Das sind Anlagen, die einen hochkomprimierten Elektronenstrahl herstellen. „Darauf haben wir ein Patent“, so Dr. Zschornack. Und das basiert durchaus auf höherer Physik, versteht sich, die aber schon jetzt viele nutzbringende Folgen hat. Zum Beispiel in der Krebsbekämpfung. Die Technik aus Großröhrsdorf ist deutlich kleiner und damit kostengünstiger in der Anschaffung für Kliniken. Die Ionenstrahl-Therapie ist deutlich schonender als die herkömmliche mit Gammastrahlung. Es werde viel weniger gesundes Gewebe zerstört, versicherten die Forscher auch vor den Ehrengästen. Damit könne die Technik gezielter eingesetzt werden.

Es gibt aber noch eine Vielzahl anderer Anwendungsmöglichkeiten. Zum Beispiel in der Materialanalytik, die zum Beispiel auch in die Nuklearsicherheit greift – nicht erst nach Fukushima, aber jetzt besonders, interessiert durchaus auch der genaue Eisengehalt von Kühlwassersystemen. Hightech auf Ionenbasis macht’s möglich.

Der neue Dreebit-Standort in Großröhrsdorf bietet der Firma ganz neue Möglichkeiten, Kundenwünsche in aller Welt zu erfüllen. Eine Karte in der Firma zeigt die inzwischen angebahnten Partnerschaften in Israel, Polen, USA, Schweiz oder Japan. Dabei können die Experten auch auf jene guten Kontakte aufbauen, die sie in Zusammenarbeit mit dem Helmholtzzentrum Dresden-Rossendorf oder mit der Technischen Universität Dresden gewonnen haben. Die Halle und die Büros mit ihren insgesamt 1 000 Quadratmetern Fläche sind für bis zu 50 Mitarbeiter ausgelegt. Und sicherlich könnte hier auch mal ein Abitur-Kursus von Sauerbruchs durchgeführt werden. Denn was wie Fachchinesisch anmutet, könnte ja auch „Physikunterricht in der Praxis“ heißen …