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Hinter dem Witz blinzelt das ernste Leben hervor

Das Steinhaus-Theater zeigt die satirische Komödie „Der Selbstmörder“. Am Freitag war Premiere.

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Von Madeleine Siegl-Mickisch

Die Leberwurst bringt es ins Rollen! Weil er des Nachts danach begehrt, kriegt Semjon Semjonowitsch Krach mit seiner Frau – und spielt schließlich selbige beleidigte. Doch weil im Affekt das Wort krepieren fiel, wird der Arbeits- und Hoffnungslose fortan zum Selbstmörder. Was ihm auf einen Schlag nie geahnte Bedeutung verleiht, versucht doch so mancher ihn für seine Zwecke einzuspannen. Ob für politische Interessen, die Kunst oder die Religion, oder auch nur als Spielball zweier Rivalinnen in Liebesdingen – Semjon kann sich der Angebote, für die er sterben soll, nicht erwehren. Schnell ist auch einer zur Stelle, der erkennt, dass es sich mit den entsprechend formulierten Abschiedsbriefen trefflich Geschäfte machen lässt. Doch dann bekommt die „ideologische Leiche“ kalte Füße ...

„Der Selbstmörder“, die satirische Komödie von Nikolai Erdman, hatte am Freitag im Steinhaustheater Premiere. 13 Darsteller agieren auf der kleinen Bühne vor voll besetzten Stuhlreihen – und fesseln die Zuschauer gute zwei Stunden lang. Komische Situationen und Gestalten wie der Opa, dem im hölzernen Häusel das Papier ausgegangen ist, provozieren immer wieder Schmunzeln und Lacher. Die dann doch oft im Halse stecken bleiben. Denn hinter dem Witz blinzelt das ernste Leben hervor. „Das Leben ist kaputt und keiner ist da, um zu weinen.“ Berno Ploß in der Rolle des Semjon Semjonowitsch zeigt glaubwürdig den Jammer des zum Nichtstun Verdammten, der sich nur zu gern einreden lässt, plötzlich wichtig zu sein, ohne nach dem Preis zu fragen.

Die Aktualität des 1928 entstandenen und unter Stalin verbotenen Stückes von Erdman ist nicht erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Dabei verzichtet die Inszenierung von Michael Linke auf vordergründige Anspielungen auf die heutige Zeit, sondern lebt vielmehr durch die pointierte Darstellung der skurrilen Charaktere.

Neue und bekannte Gesichter

Anderthalb Jahre hat Michael Linke, unter dessen Regie das Amateurtheater am Bautzener Steinhaus seit seiner Gründung 1993 probt und spielt, wieder mit der bunt gemischten Truppe geackert, um ein neues Stück herauszubringen. Hin und wieder mit Kopfzerbrechen, weil Umbesetzungen nötig waren, da jemand absprang: das Risiko von Amateurtheater und auch die Chance. So sind Berno Ploß und Hannah Maneck (als seine Frau Mascha), die erst seit der vorletzten Inszenierung dabei sind, nun als starke Hauptdarsteller zu sehen. Und Tom Dreßler steht gar erstmals auf der Steinhaus-Theaterbühne und erweist sich als treffliche Besetzung des feinsinnig-eitlen Intellektuellen Grand-Skubik. Doch auch bekannte Gesichter des „harten Steinhaustheater-Kerns“ wie Kerstin Celis als Schwiegermutter Serafima, Ronald Kieschnick als Dichter und Jürgen Wengler als Fleischer drücken der illustren Runde verrückter Typen ihren Stempel auf.

Wieder am 4.April 20 Uhr im Steinhaustheater und am 24.April 19Uhr als Gastspiel zur Eröffnung der Sächsischen Amateurtheatertage in der Kulturfabrik Hoyerswerda

www.steinhaustheater.de