Von Cornelia Mai
Vor allem die Zeit der Postkutschen hat es Gerd Menzel angetan. „Da hat die Post noch Menschen befördert und Geld transportiert“, sagt der 63-Jährige und erzählt zwei Histörchen. So die, vom Fräulein, das seine Postkutsche verpasste, weil die Kirchturmuhr falsch ging. Und die vom Postmeister, der 3 500 Taler von Herrnhut nach Bernstadt bringen sollte. „Damals lag das Geld nur als Münzen vor, war richtig schwer. Herrnhut verfügte zu jener Zeit aber nur über einen einzigen Einspänner. Es gab also auch Transportprobleme“, sagt Gerd Menzel.
Seit diesem Jahr hat er sich ganz der Forschungsarbeit verschrieben. Als Rentner und alleinstehend hat er Zeit für Fahrten ins Staatsarchiv in Dresden, wo er sich oft tagelang in alte Akten vertieft. „Das ist so spannend, da hab ich schon manches Mal das Mittagessen vergessen“, erzählt er. Wichtige Passagen schreibt er Wort für Wort ab. Nach der Teilnahme an einem Kurs zum Transkribieren vor Jahren in Herrnhut, fällt es ihm zunehmend leichter, die durchweg handschriftlichen Dokumente zu entziffern und richtig zu „übersetzen“. Denn „auch wenn es noch kein Steno gab, so wurden doch gewisse Kurzzeichen verwendet. Wer diese nicht kennt, kann leicht den Sinn der Zeilen verfehlen“, sagt Gerd Menzel.
Genauigkeit ist ihm wichtig, auch weil er sein erworbenes Wissen einem breiten Interessentenkreis zugänglich machen will. Gerd Menzel hat bereits zwei Broschüren zur Postgeschichte verfasst. Neben der Herrnhuter ist das die Seifhennersdorfer, die für ihn 1876 mit dem Einzug der Eisenbahn endet. „Telegrafen und Bahn haben die Post ihrer Romantik beraubt“, sagt der gebürtige Neugersdorfer.
Trotzdem sei Postgeschichte für ihn mehr als nur pure Postkutschenromantik. Sie sei auch ein Stück Heimat- und Wirtschaftsgeschichte, sagt der Mann, der 45 Jahre in Westdeutschland lebte. „14 Tage vorm Mauerbau bin ich abgehauen“, erzählt der gelernte Schriftsetzer. In Wuppertal hat er Druckereiwesen studiert, später in einer großen Druckerei gearbeitet. In seiner Freizeit ist er gewandert. Seine Leidenschaft waren aber schon immer die Geschichte und das Sammeln: „Als Kind habe ich mit Briefmarken begonnen, später alte Briefe, Ansichts- und Geschäftskarten, Notgeld sowie Briefköpfe gesammelt – vorwiegend aus der Oberlausitz“, erzählt er.
Die Verbindung nach Neugersdorf sei all die Jahre nie abgerissen. Als er 1997 aus dem Berufsleben ausschied, zog es ihn zurück hierher. Anfangs besuchte er sämtliche Sammlerbörsen und Trödelmärkte im Osten der Republik. Nun allerdings ist die Zeit des „Jagens“ vorbei. Dafür arbeitet Gerd Menzel sehr viel am Computer: „Sammlerstücke wecken automatisch das Interesse für Zusammenhänge“, weiß er aus Erfahrung. „Geschichte hat mich schon immer gefesselt“, sagt Gerd Menzel.
Und die Postgeschichte sei bisher kaum erforscht. So bleibt dem 63-Jährigen noch ein weites Feld. „Die Postgeschichte von Großschönau“ ist übrigens bereits in Arbeit. Seine textlichen Abhandlungen illustriert Gerd Menzel mit selbst erstellten Landkarten, Zeichnungen und Lithografien der jeweiligen Zeit sowie Kopien aus seinem eigenen umfangreichen Fundus.