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Hitze wirbelt Alltag durcheinander

Während in Schulen der Unterricht ausfällt, sind die Freibäder voll. Hitzeopfer gibt es bisher aber kaum.

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Von C. Brestrich, R. Kühr, M. Klaus und A. Beutler

Nein, das ist kein neumodischer Föhn, mit dem Sandra Kubig vom Elektro Center Hergert in Löbau ihr Haar flattern lässt. Vielmehr handelt es sich um einen hochmodernen Ventilator. Der funktioniert ohne Rotorblätter, verteilt die Luft gleichmäßiger als herkömmliche. Allerdings gehört er mit 300 Euro zu den Luxus-Geräten. Ein Kassenschlager sind dagegen dieser Tage die günstigeren, normalen Tischventilatoren. „Etwa 15 Stück haben wir diese Woche verkauft“, sagt Sandra Kubig. Um auch in den nächsten Tagen genügend Luftumwälzer parat zu haben, wurde bereits nachbestellt. Was die Menschen sonst gegen die Hitze tun und wie der südliche Landkreis unter den Temperaturen stöhnt – die SZ hat es zusammengefasst.

In der Sonne klettert die Mess-Säule im Thermometer hoch – in Jonsdorf.
In der Sonne klettert die Mess-Säule im Thermometer hoch – in Jonsdorf.
Was wie ein runder Bilderrahmern aussieht, ist ein moderner Ventilator ohne Rotorflügel. Sandra Kubig und ihre Kollegen vom Elektro Center Hergert in Löbau verkaufen dieser Tage eine Menge Luftumwälzer. Beliebt sind nach wie vor aber die herkömmlichen Tis
Was wie ein runder Bilderrahmern aussieht, ist ein moderner Ventilator ohne Rotorflügel. Sandra Kubig und ihre Kollegen vom Elektro Center Hergert in Löbau verkaufen dieser Tage eine Menge Luftumwälzer. Beliebt sind nach wie vor aber die herkömmlichen Tis

Schulen geben frei

Des einen Freud ist des anderen Leid: Während ihre jüngeren Mitschüler wegen der Hitze seit drei Tagen verkürzte Unterrichtsstunden haben, müssen die Prüflinge der Bernstädter Mittelschule ran. Für sie gibt es kein hitzefrei – allerdings hatten diejenigen, die gestern in Physik und Mathe getestet wurden auch nicht so lange zu schwitzen: Je 20 Minuten Vorbereitungs- und 20 Minuten Prüfungszeit gab’s bei den mündlichen. Nicht so lange ausharren mussten die Tage auch die Schüler am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Löbau: „Die Hitze hat sich in den Räumen inzwischen gestaut“, sagt eine Sekretärin. Auch in der Grundschule Herwigsdorf fallen die letzten Stunden im Schulgarten aus: „Nur der Schwimmunterricht findet wie gewohnt statt“, sagt Schulleiterin Heidrun Schmidt.

Härtetest für Straßenbelag

Sind unsere Straßen nicht hitzefest? Diese Frage wird spätestens seit gestern diskutiert, als es zu einem tödlichen Unfall eines Motorradfahrers auf der A 93 in Niederbayern kam. Ein sogenannter Blow-up, eine plötzliche Aufwölbung der Fahrbahn wegen der Gluthitze hatte das Fahrzeug wie über eine Rampe schießen lassen. So etwas ist in der Region Löbau-Zittau wohl nicht zu befürchten. Aber: Die Straßenmeisterei Lawalde hat bereits Schäden wegen der hohen Temperaturen an Straßen registriert. „Das betrifft zum Beispiel die S 144 zwischen Herrnhut und Rennersdorf und den Bereich um Kittlitz“, schildert Andreas Lang, Chef der Straßenmeisterei. Die Schäden sind allerdings vergleichsweise gering. Es handelt sich etwa um herausgerissene Asphaltteile. „Das passiert vor allem beim Anfahren und beim Überholen“, sagt Andreas Lang.

Die Stellen, an denen die Straßen „schwitzen“, werden von den Kollegen der Straßenmeisterei schon vorsorglich „gekühlt“. Mit einer Abdeckung aus Splitt. Damit soll die Klebewirkung Asphalt-Reifen vermindert oder verhindert werden. „Ansonsten sind wir natürlich bemüht, die Hitzeschäden möglichst schnell zu beseitigen“, sagt Lang. Auch der Chef des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv), Andreas Biesold weiß, hat die Hitze im Blick: „Dort, wo hohe Temperaturen, viel Schwerlastverkehr und bereits reparierte Stellen zu finden sind, ist das Risiko, dass die Hitze schadet, am größten.“

Bäder sind froh über Ansturm

Von kühlem Nass kann im Löbauer Herrmannbad keine Rede sein. Die Wassertemperatur betrug gestern 29 Grad – obwohl die Mitarbeiter die Solaranlage, die das Wasser erwärmt, schon vor Tagen abgeschaltet haben, wie Schwimmmeister Michael Queiser berichtet. An den vergangenen beiden Tagen knackte das Bad die Marke von 1 000 Besuchern, die Schlange an der Kasse riss nicht ab. Nach dem schwachen Saisonstart ein erfreuliches Ergebnis, sagt der Bademeister. Für ihn und sein Team bedeutet der Besucheransturm einen 14-Stunden-Tag, denn an solchen Tagen verlängert das Bad seine Öffnungszeiten. Glücklich über das Wetter ist auch Oliver Ernst im Bernstädter Waldbad. Nach einer Kalt-Wetter-Durststrecke geht‘s nun endlich richtig los: „Mittwoch waren rund 250 Besucher da – da war es schon sehr voll“, sagt er. 50 bis 100 Badegäste mehr können es maximal sein. Aber dann wird‘s eng im Becken.

Exakt 1 219 Badegäste haben schon am Mittwoch das Silberteichbad in Seifhennersdorf gut gefüllt. Bei 26 Grad Wassertemperatur ist schon die Solarheizung für das Wasser außer Betrieb, berichtet Schwimmmeister Swen Adolf. 450 Badegäste tummelten sich am Mittwoch im Waldstrandbad in Großschönau. Am gleichen Tag vor einem Jahr waren es bei regnerischem Wetter nur 25. Gestern wurden wieder ähnlich viele „Wasserratten“ erwartet. Ebenso viele sind an den beiden Tagen im Kleinen Bad gewesen.

Mineralwasser macht das Rennen

Von der Hitze ist in der Kelterei Kekila in Lawalde eher wenig zu spüren. Nicht nur wegen der angenehmen Temperaturen im Werk, sondern weil dieser Tage eher zu Wasser gegriffen wird als zu Saft, sagt Kathleen Kitsche. Die Oppacher Mineralquellen GmbH kann das bestätigen. Sie verspürt vor allem beim Mineralwasser einen klaren Absatzanstieg, so Melanie Hofmann von Oppacher. „Derzeit arbeiten wir in drei Schichten.“ Damit kann der Betrieb alle Nachfragen erfüllen.

Nur wenige Hitzeopfer

Im Klinikum Oberlausitzer Bergland haben die hohen Temperaturen die Zahl der Patienten nicht außergewöhnlich steigen lassen. Schwestern und Ärzte müssen bisher nicht aushelfen oder zusätzliche Dienste leisten. Oberarzt Dr. Wolfgang Müller rät allen, sich über die Mittagszeit in geschlossenen Räumen aufzuhalten; vor Wärme- und Sonneneinstrahlung zu schützen, eine Kopfbedeckung zu tragen und ausreichend zu trinken.

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