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Hoch-Zeit in den 1990ern

Das Nieskyer Jugendzentrum wird 20. Das soll auch gefeiert werden. Doch wie es weitergeht, ist völlig offen.

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Von Susan Ehrlich

Als Rolf Adam vor 20 Jahren die Leitung des Nieskyer Jugendzentrums übertragen bekommen hat, war er genauso alt wie Antje Krausche. Sie ist 29 und seit zweieinhalb Jahren als Sozialpädagogin in der Jugendeinrichtung an der Muskauer Straße 23 a im Einsatz. Während die Jüngere vor allem in der aktuellen Arbeit drin steckt, weiß der Ältere aus den vergangenen 20 Jahren viel zu erzählen.

„In Ostdeutschland gab es nach der Wende plötzlich kaum noch Clubs oder Häuser für Jugendliche. Die staatlichen waren ja über Nacht weg“, sagt Rolf Adam. Den jungen Leuten sei also vielerorts nichts anderes übrig geblieben, als sich Möglichkeiten und Angebote zur Freizeitgestaltung einzufordern. Freie Träger, die den Hut aufsetzen wollten, waren damals kaum zu finden. Immerhin ließ sich Nieskys damaliger Bürgermeister in die Pflicht nehmen. „Die Jugendlichen spielten mit ihm eine Art ,Heißer Stuhl‘“, erinnert sich Adam. Immerhin konnten sie am 1. März 1993 mit Unterstützung von Stadt und Arbeitsamt damit beginnen, die ehemalige polytechnische Schule umzubauen. Fördermittel gab es dann auch vom Landratsamt. „Und am 17. April 1993 war Eröffnung“, so Adam. In den Folgejahren konnte das Gebäude Stück für Stück und dank Fördermitteln ausgebaut werden.

Rolf Adam hat seither einige Höhen und Tiefen im anfangs noch unter H.O.L.Z. bekannten Nieskyer Jugendzentrum erlebt. „Erst war es nur ein offener Treff“, sagt er. Doch nach und nach seien die Angebote in ihrem Umfang gewachsen, haben sich Veranstaltungen verschiedener Art etabliert – auch zahlreiche Konzerte. Vor allem Nachwuchsbands sollten hier ihre Chance erhalten. „Einmal, es war bei einem Konzert zu Weihnachten, platzte das Haus fast aus allen Nähten. Da waren über 200 Leute gekommen“, ist Adam jener Tag im Gedächtnis geblieben. Und auch daran, dass das Nieskyer Jugendzentrum bereits Veranstalter von Konzerten wie mit Silbermond oder Keimzeit war, weiß er mit Stolz zu berichten.

Seine beste Zeit hat das Jugendzentrum allerdings längst hinter sich. „Die war so Mitte der 90er Jahre“, sagt Adam und macht auch den demografischen Wandel dafür verantwortlich. Es habe damals einfach noch mehr Jugend in Niesky gegeben. Ob Mittelschüler oder Gymnasiasten – alles sei zu jener Zeit bunt gemischt ins Zentrum gekommen, manchmal weit über 30 Leute. „Die Angebote hatten sich da einfach herumgesprochen.“

Einfach war es für Rolf Adam und seine Mitarbeiter nicht immer, den gewachsenen Gruppen verschiedener Jugendkulturen gerecht zu werden. Manchmal gab es sogar Auseinandersetzungen mit der Neonazi-Szene. Das komme allerdings nicht mehr vor. „Die sind hier zum Glück kaum noch relevant.“ Auch kann sich der frühere Leiter des Jugendzentrums an anfängliche Probleme mit der Nachbarschaft erinnern. Dort war man nicht gerade amüsiert über nächtlichen Lärm und andere Begleiterscheinungen. „Aber das hatte sich nach zwei, drei Jahren normalisiert.“

Inzwischen ist Adam 49 Jahre und seit 2001 für den Jugendring Oberlausitz als Geschäftsführer und Koordinator am Start. Keine leichte Arbeit; vor allem auch hinsichtlich des Jugendzentrums, dessen Träger der Jugendring ist. Der Landkreis habe seine Förderung in den vergangenen Jahren immer mehr zurückgefahren. „Von 2005 bis 2008 hatten wir das Glück, dass die Aktion Mensch unser Jugendprojekt unterstützt hat“, sagt Adam. Auch aktuell habe es nochmals Fördermittel für drei Jahre von dieser Stiftung gegeben. Doch die sind im Oktober vorüber. Der Landkreis habe eine Förderung bereits verneint. „Gespräche mit der Stadt, mit der die Zusammenarbeit bisher hervorragend funktioniert hat, laufen derzeit“, sagt Rolf Adam.

Er und die junge Kollegin vom Jugendzentrum wissen nicht, wie es 2014 weitergeht. „Jugendliche brauchen ihre Zeit, bis sie Vertrauen zu uns Sozialarbeitern aufbauen.“ Und das verlange eine gewisse Sicherheit und Konstanz, sagt Antje Krausche. Ob ihre Arbeit hier in dem Alter endet, in der sie für Rolf Adam begann, bleibt vorerst ungewiss.