SZ +
Merken

Hochschule fragt Rentner über Technik aus

Das Ergebnis soll eine Studie sein: Wie wird Technologie die Altenpflege verändern?

Teilen
Folgen
© Pawel Sosnowski

Von Matthias Klaus

Die meisten Menschen möchten ihren Lebensabend in den eigenen vier Wänden verbringen – aber wie kann ihnen dabei geholfen werden? Dieser Frage geht ein Forschungsprojekt der Hochschule Zittau-Görlitz nach. VATI heißt es, die Abkürzung steht für „Vertrauen in Assistenz-Technologien zur Inklusion“. Oder auf Deutsch: Wie kann mir Technik im Alter helfen? „Eine barrierefreie Wohnung ist nicht unbedingt auch gleichzeitig eine seniorengerechte Wohnung“, sagt Andreas Hoff, Dekan und Professor für Soziale Gerontologie in Görlitz. Er leitet das Projekt.

Selbst in moderneren Gebäuden sei es gar nicht so einfach, seniorengerechte Wohnungen einzubauen, weiß der Professor. „Nur etwa zehn Prozent der Wohnungen in Görlitz beispielsweise sind mit einem Fahrstuhl ausgerüstet“, schildert er. Noch schwieriger werde die seniorenfreundliche Ausrüstung älterer Gebäude in und um Görlitz, etwa von Umgebindehäusern. Rollstuhlgerechte, also mit der Arbeitsfläche und Schränken tiefergelegte Küchen und Waschbecken, Lichtschranken, ein Sensor-Fußboden, der auf Stürze oder Flüssigkeiten reagiert und entsprechende Notrufe absetzt – möglich sei heutzutage vieles. Und es gibt eine entsprechend große Anzahl von Herstellern, die diese Produkte anbieten. „Wir möchten gern mit regionalen Anbietern zusammenarbeiten“, sagt Andreas Hoff. In der Oberlausitz, bedauert er, sei es allerdings derzeit sehr schwierig entsprechende Angebote zu finden.

Bevor sich allerdings Senioren mit Lichtleit-Pfeilen zur Toilette oder automatischer Herdabschaltung befassen müssen, möchte die Hochschule wissen: Wie aufgeschlossen stehen die Älteren im Landkreis Görlitz überhaupt der modernen Technik gegenüber? Um das herauszufinden, läuft derzeit eine große Telefonumfrage. Insgesamt werden 1 500 Einwohner des Landkreises in über 20 Gemeinden und Städten im Alter von 60 Jahren und darüber kontaktiert. Es gebe wenige Erkenntnisse dazu, sagt der Dekan. „Die Personen wurden nach einem wissenschaftlichen Verfahren aus allen Einwohnern des Landkreises ausgewählt. Es soll am Ende eine regionale, repräsentative Umfrage entstehen“, schildert Professor Hoff. Datenschutz werde dabei großgeschrieben, betont er. Namen werden nicht erfasst, die Befragten bekommen eine Nummer. Und: Wer als Kandidat infrage kommt, wird per Brief „vorgewarnt“.

Selbstverständlich sei die Befragung freiwillig, betont Professor Hoff. Etwa eine halbe Stunde soll sie dauern, Mitarbeiter der Hochschule kommen dazu direkt zu den ausgewählten Senioren nach Hause. „Uns ist der persönliche Kontakt wichtig. Wir wollen nicht nur einen Fragebogen, der ausgefüllt wird“, sagt Andreas Hoff. Alle Interviewer werden von der Hochschule eingewiesen, geschult. Unterstützung für das gesamte Vorhaben gibt es vom Kreisseniorenrat, vom Städtischen Klinikum Görlitz. Letzteres ist, klar, für den medizinischen Part zuständig.

Ein Ergebnis soll eine eigene Internetseite sein, ein Navigator für die Senioren aber auch für deren Angehörige. „Wenn man dort zum Beispiel ,Sturz’ eingibt, wird die Seite zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, Stürze zu vermeiden, welche baulichen Veränderungen möglich sind und natürlich, ganz wichtig, wie und wo es finanzielle Unterstützung gibt“, sagt Andreas Hoff. Das Ganze nennt sich „VATI-Technologie-Navigator“.

„Es geht nicht darum, in Zukunft nur noch der Technik die Betreuung älterer Menschen zu überlassen“, betont Andreas Hoff. Er sehe die Zukunft der Altenpflege von Senioren in den eigenen vier Wänden als eine Mischung zwischen Pflegediensten und hilfreicher Technologie. „Technik soll den Menschen das Leben erleichtern“, so der Professor von der Hochschule Zittau-Görlitz . Angehörige oder Pfleger werde sie aber nicht ersetzen.

Weitere Infos: [email protected]

hszg.de