Das Stiefkind der Hochwasserschützer

Vieles wurde im Landkreis nach dem Jahr 2010 für den vorbeugenden Hochwasserschutz getan. Nur ein kleiner unscheinbarer Bachlauf in Löbau scheint das Stiefkind der Planer zu sein. Und dabei kann die Seltenrein, die von Oelsa kommend das Stadtgebiet durchfließt, zu einem Ungeheuer werden - und manche Gründe dafür sind hausgemacht.
"Schauen Sie doch bloß ins Bachbett, dann wissen Sie doch schon Bescheid", sagt Horst Schneider. Seit 1995 wohnt der Rentner mit seiner Frau im Eckhaus Neusalzaer Straße/Altlöbauer Straße - direkt neben der Seltenrein. Und die hat seinem auf Erdgeschoss-Niveau liegenden Keller schon wiederholt einen ungebetenen Besuch abgestattet. Zuletzt 2013. "Da stand das Wasser hier 1,25 Meter hoch", sagt er. Das in der Garage abgestellte Auto war danach quasi Schrott. Mehrere Zeitungsartikel an seiner Wand im Keller erinnern noch daran.
Und auf einen Grund dafür verweist Horst Schneider eben mit Blick in das Bachbett. Die Seltenrein fließt nicht frei, sondern ist eingezwängt in ein kanalisiertes Bett aus hohen Bachmauern. Und besonders im Unterlauf, so auch neben dem Haus von Schneider, ist dieses Bachbett völlig zugewuchert. "Wenn da viel Wasser kommt, staut es sich dadurch noch zusätzlich auf und kann nicht schnell genug abfließen", sagt Horst Schneider.
Gut Hundert Meter bachaufwärts ist die Lage noch dramatischer. Dort ist das Gelände so verwildert, dass man den Bachlauf durch Bäume und Laub gar nicht mehr sieht. "Seit der damalige Besitzer dieses Hauses gestorben ist und das leer steht, ist das Grundstück völlig zugewuchert", sagt Schneider. Die Folgen dieser "grünen Staumauer" beginnen dann etwas weiter bachaufwärts in Oelsa oder Altlöbau - kommen aber sehr schnell und mit ungebremster Gewalt bei Horst Schneider an. "Da tritt der Bach dann weiter oben über die Ufer und die Seltenrein rauscht hier über die Straße", erzählt er.
Horst Schneider erinnert sich noch gut daran, dass Oberbürgermeister Dietmar Buchholz quasi vor seiner Tür in ein Schlauchboot stieg, um von der Altlöbauer Straße aus, die zum Fluss geworden war, das Hochwasser in Augenschein zu nehmen. "Der damalige Landrat war auch dabei, der hat das nicht so ernst genommen", sagt Schneider, "der Oberbürgermeister hat den aber sehr wohl auf das Problem aufmerksam gemacht."
Passiert ist allerdings bis auf den heutigen Tag nichts. Manchmal legen Horst Schneider und einige Nachbarn selbst Hand ans Grün, um es wenigstens ein bisschen zu kappen. "Aber mit unseren Mittel machen wir da nicht viel." Zuständig für den Bach sei auch gar nicht die Stadt Löbau, so Schneider, sondern die Landestalsperrenverwaltung. "Da hieß es dann mal, es solle etwas gemacht werden - aber passiert ist dann doch nichts", sagt er.