Ihr Rudi war immer die erste Wahl

Corona macht auch vor Hochzeitsjubiläen nicht Halt. Margit und Rudi Flammiger müssen ihre Feier auf den Herbst verschieben. Größere Feierlichkeiten sind aktuell noch nicht möglich. Und groß feiern darf man das Waltersdorfer Ehepaar durchaus. Sie sind seit 70 Jahren verheiratet. Am Mittwoch ist der Tag ihrer Gnadenhochzeit.
1949 lernten sie sich beim Tanz im Jägerwäldchen kennen. Einige Monate später gaben sie sich das Ja-Wort. Zuvor stand noch der Polterabend an. Für den "erschacherten" sie 16 Blechkuchen. Erwartet wurden ja viele Gäste. Einer fehlte: Rudi Flammiger. Er wollte mit dem Rad nach Waltersdorf fahren, doch das war ausgerechnet an diesem Tag kaputt. So blieb seiner Margit nichts anderes übrig, als mit den Gästen allein zu feiern. Seine künftige Ehefrau blieb ruhig, da sie ja wusste, dass mit der Hochzeit alles klar geht.
Selbst der Fliederstrauß, den ihr Rudi am Tag ihrer Hochzeit überreichte, konnte sie nicht davon abhalten, ihrem Auserwählten die ewige Liebe zu schwören. Dabei hatte sie noch einige Monate zuvor zu ihrem Verlobten gesagt: „Kommst du mir mit Flieder, dann heirate ich dich nicht.“ Auch wenn der Flieder für Margit nicht die erste Wahl war - ihr Rudi sei es immer gewesen.
Am liebsten sitzen sie im Garten
Ihre Gnadenhochzeit ist ein Beleg dafür. In ihrem Waltersdorfer Umgebindehaus, in dem sie seit 1963 wohnen, werden sie heute zumindest in kleiner Runde auf das Jubiläum anstoßen. Bei schönem Wetter werden sie vielleicht auch auf ihrer Bank im Garten sitzen und auf die Umgebung schauen. Hier sitzen sie am liebsten und der Blick ist einzigartig, wohnen sie doch am Fuße der Lausche.
Die schöne Landschaft vor ihrer Haustür hielt die Flammigers nicht davon ab, andere Länder zu entdecken. Zu DDR-Zeiten reisten sie ans Schwarze Meer, nach der Wende war Österreich ihr erstes Ziel. Es folgten unter anderem Reisen in die Schweiz und nach Südtirol. Erst im Ruhestand konnten sie die Welt richtig entdecken. Margit Flammiger - Jahrgang 1931 - absolvierte eine Ausbildung zur Näherin für Herrenkonfektion und verdiente ihren Lohn als Näherin im Ort. Ab 1964 war sie in der "Grenzbaude" tätig, ab 1979 im Kinderkurheim "Rübezahlbaude", wo sie bis zur Schließung Ende 1989 arbeitete.
Oberlausitzer Original
Gern wird sie als Oberlausitzer "Original" bezeichnet - fleißig, bescheiden, natur- und heimatverbunden, immer für die anderen da und stets zu Späßen aufgelegt. Das bewies sie auch im Seniorenverein, den sie 1991 gegründet hatte und dem sie lange vorstand. Ihr Rudi brachte viel Verständnis für die ehrenamtliche Tätigkeit seiner Frau auf.
Der 1930 in Bertsdorf Geborene arbeitete seinerseits viele Jahre als Fleischer und Heizer. „Es war nicht immer alles einfach“, sagen Rudi und Margit manchmal, wenn sie im Kreise der Familie sind. Denn auch Schicksalsschläge haben sie erlebt und stark gemacht. Das schweißte die Familie zusammen. Zur großen Feier im Herbst wird die ganze Familie zusammenkommen, was jetzt nicht für alle möglich ist. Denn einige Kinder und Enkel wohnen weit weg, in Kaufbeuren, Berlin oder Leipzig. Auch wenn nicht immer alle gleichzeitig da sind, freuen sich Margit und Rudi Flammiger über ihre Kinder und Enkelkinder, die sie im Herzen tragen.
