Von Sven Görner
Moritzburg. Nach dem psychischen Zusammenbruch des Moritzburger Bürgermeisters Georg Reitz (CDU) in der vergangenen Woche und seiner zwangsweise Klinikeinweisung (SZ vom 8./9. März) werden im Gemeinderat und bei Vereinen besorgte Stimmen laut, die befürchten, dass durch den zeitweisen oder gar dauerhaften Ausfall des Gemeindeoberhauptes die positive Entwicklung der Gemeinde einen Rückschlag erleiden könnte.
Als Reitz und der neu gewählte Gemeinderat 1999 in der neu gebildeten Großgemeinde starteten, saßen sie auf einem Schuldenberg von über 15 Millionen Euro. Inzwischen sind es rund ein Drittel weniger. Infrastrukturmaßnahmen in Alt-Reichenberg wurden angeschoben, Moritzburg entwickelt sich immer mehr zum sächsischen Reitsportzentrum und sogar Olympia ist im Visier.
Unter Leitung des Bürgermeisters wurde auch begonnen, an spezifischen Profilen für die künftige Entwicklung der Ortsteile zu arbeiten. Nicht zuletzt soll damit das Zusammenwachsen der unter Zwang vereinigten Gemeinden gefördert werden. Ohne Reitz, so sehen es viele Moritzburger, wäre es dem hochverschuldeten Moritzburg kaum möglich gewesen, so aktiv an der Zukunft des Ortes zu arbeiten.
„Uns alle haben die Ereignisse der vergangenen Woche sehr erschüttert“, sagt der letzte Reichenberger Bürgermeister und jetzige Moritzburger Gemeinderat Paul Storm (Freie Wähler). Bereits im letzten Gemeinderat hätte Reitz einen Streetworker rausgeworfen, weil dieser einen nichts sagenden und provozierenden Bericht abgeliefert hatte, so Storm. „Er hat sich die Latte immer selbst sehr hochgelegt. Mit Olympia, dem Schlossparkplatz, dem Flächennutzungsplan und der Umgehungsstraße standen jetzt viele wichtige Fragen vor der Entscheidung, das zerrt schon an den Nerven.“ Storm sieht durch den Ausfall des Bürgermeister reale Gefahren für die Entwicklung des Ortes. „Ich hoffe und glaube, dass Herr Reitz wiederkommt. Ich wüsste jedenfalls keinen, der das jetzt übernehmen könnte.“
Der Steinbacher CDU-Gemeinderat Henry Grande verbindet die Erfolge bei der Entschuldung Moritzburgs und beim Ausbau der Infrastruktur vor allem mit der Arbeit des Bürgermeisters. „Die anderen Kandidaten, die seinerzeit zur Wahl standen, hätten das nicht leisten können.“ Allerdings sieht Grande auch, dass Reitz durch die Ereignisse viel an Ansehen verloren hat. „Viele im Dorf zerreißen sich jetzt den Mund über ihn, die eigentlich lieber still sein sollten. Das ist für ihn als Mensch und vor allem auch für die Familie schlecht.“ Er und andere Räte hatten beobachtet, wie Reitz oft bis 23 Uhr in seinem Büro gearbeitet hat.
Auch SPD-Gemeinderat Steffen Buchmann sieht die Bürgermeister-Kandidatur von Reitz als Glücksgriff für die Gemeinde. „Natürlich wäre es leichter, wenn er bei den vielen Dingen, die er auf den Weg gebracht hat, die Fäden in der Hand behalten würde. Aber natürlich sind auch wir als Räte jetzt besonders gefordert.“
„Herr Reitz hat Moritzburg aus dem Schuldensumpf gezogen“, sagt PDS-Gemeinderätin Karin Richter. „Als Mensch stehe ich zu ihm, ob er weiter Bürgermeister bleiben kann, muss sich zeigen.“ Er sei vor allem auch ein sehr bürgernaher Verwaltungschef.
Der Mann sollte in Ruhe gelassen werden, sagt Gemeinderat Andreas Timmler (FDP). „Wenn mir das passiert wäre, wäre ich allerdings zurückgetreten.“ Der Ex-Bürgermeister sieht kaum Alternativen zu einer Neuwahl.
„Es gibt Leute hier im Ort, die fast mit krank geworden sind, als die Sache mit dem Bürgermeister bekannt wurde“, sagt der Reichenberger Dieter Roch vom Verkehrswegeverein. „Wem Moritzburg am Herzen liegt, der sollte etwas dafür tun, dass Herr Reitz zurückkommt. Denn wenn er nicht krank ist, ist er hoch leistungsfähig.“ Leider treffe es immer die, die sich am meisten engagierten, so Roch. „Wir warten auf ihn.“