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Hoffnung fürs Gewerkschaftshaus

Das vom Verfall bedrohte Haus hat einen neuen Besitzer. Sehr konkret sind dessen Pläne aber auch noch nicht.

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Von Jens Hoyer

Das ehemalige Gewerkschaftshaus an der Franz-Mehring-Straße ist eines der markanten Gebäude, ohne die man sich die Stadt nicht vorstellen möchte. Was nichts daran ändert, dass das Gebäude verrottet, seit die letzten Mieter in den 1990er Jahren ausgezogen sind. Ein Dortmunder hatte im Jahr 2003 den 50 Meter langen Klotz von der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft zum Schnäppchenpreis von 10 000 Euro gekauft, um dann zehn Jahre lang nichts zu tun. Zwischendurch stand das Haus auch mal zur Zwangsversteigerung, weil der Eigentümer Steuerschulden beim Finanzamt hatte.

Nachdem das Haus im vergangenen Jahr zum zweiten Mal vom Hochwasser erwischt wurde, gibt es jetzt die Hoffnung, dass es nicht ganz zusammenfällt. Im Herbst hatte Christian Ernst Frauenrath aus Jülich das Gebäude erworben. Er besitzt schon Häuser um die Ecke am Körnerplatz, betreibt ein Kasino samt Bowlingbahn und vermietet Wohnungen. Ihm war sauer aufgestoßen, wie das Nachbargrundstück immer mehr verkommt. Genaue Pläne hat auch Frauenrath noch nicht. Aber das Dach hat er reparieren lassen, sodass der weitere Verfall gestoppt ist. „Wir haben auch den ganzen Schlamm aus dem Keller geholt“, sagte er. Mit der Unteren Denkmalbehörde habe es auch schon Gespräche gegeben. Die Investitionen ins Haus haben es in sich. „Wir haben einen Kostenvoranschlag über 800 000 Euro“, sagte Frauenrath. Er verhandle noch mit Banken wegen der Finanzierung. Er will die Räume vermieten. „Je nachdem, was sich in Döbeln anbietet.“

Manchmal gehen solche Geschichten gut aus. Das Klostergut stand vor etlichen Jahren auch kurz vorm Einsturz, bis sich ein Bauherr in das Haus verliebte. Und selbst für das verfallene Eckhaus an der Schillerstraße gegenüber Kaufland gibt es nach dem Besitzerwechsel Hoffnung. Der neue Eigentümer hat zumindest schon mal ein Gerüst aufstellen und das Dach notdürftig mit Planen abdichten lassen. Andere markante Ruinen ließ die Stadt in den vergangenen Jahren abreißen. Das Hotel Osteck, das Haus Ritterstraße 2, das Haus Schillerstraße 13. Aber das müsse die Ausnahme bleiben. „Man kann nicht die Pflichten von Eigentümern über Steuermittel regeln“, sagte Jürgen Müller, Chef des Döbelner Ordnungsamtes.

Das Amt hat eine Liste mit 56 Objekten in der Stadt, die in einem mehr oder minder verlotterten Zustand sind. Dort schaut das Ordnungsamt in Abständen nach dem Rechten. Eines haben viele dieser Grundstücke gemeinsam: Die Eigentümer leben oft weitab von Döbeln. In München, Kloppenburg, auf Usedom oder sogar in Moskau. Der Zustand mancher dieser Häuser ist mies. Vor einigen Wochen erst musste die Feuerwehr den Schornsteinkopf eines ungenutzten Hauses an der Franz-Mehring-Straße sichern, der vom Dach zu fallen begann. Die Besitzer von verfallenen Häusern an der Gabelsberger und Dresdner Straße wurden aufgefordert, ihre Fassaden zu sichern. Beim Eckhaus Straße des Friedens/Schillerstraße bekam der Eigentümer die Auflage, die Fenster dichtzumachen, weil sich im Haus die Tauben munter vermehrten. Mit der Taubenplage habe man kurz nach der Wende in der Innenstadt schon einmal große Probleme gehabt, sagte Baudezernent Thomas Hanns.

Nicht zuletzt beschweren sich auch die Nachbarn über verwildernde Flächen. Aber es gebe keine Regelung, wie ein Grundstück auszusehen hat, sagte Müller. Das Ordnungsamt wird immer dann aktiv, wenn Gefahr besteht – für die Menschen oder für die Umwelt, etwa durch gelagertes Altöl. Nur in ganz wenigen Fällen wird die Stadt für den Eigentümer mit einer sogenannten Ersatzvornahme einspringen. „Und dann müssen wir mit den geringsten Mitteln vorgehen. Wir können nicht gleich das Haus einreißen“, so Müller.

Ein Objekt ist allerdings für den Abriss vorgesehen. Der Gasthof Neudorf kommt voraussichtlich noch in diesem Jahr unter den Bagger. Die Stadt hat das Grundstück mittlerweile von der Eigentümerin übernommen – sie wohnt in Bayern. Für den Abriss wird Geld aus dem Landesbrachenprogramm beantragt. Die Straße neben dem Gasthof, die wegen der Unfallgefahr mehr als zehn Jahre geschlossen bleiben musste, ist jetzt wieder geöffnet. Die Feuerwehr hatte den Gasthof mit der Drehleiter gesichert und alles weggenommen, was herunterfallen kann.