Von Maik Brückner
Glashütte. Aus der Vogelperspektive sieht das alte Glashütter Lehrlingswohnheim noch ganz gut aus. Doch wer näher herantritt, sieht den fortgeschrittenen Verfall. Das ärgert vor allem Bernd Mätzler, den Leiter des Beruflichen Schulzentrums Freital-Dippoldiswalde. Zu dem gehören die Uhrmacherschule in Glashütte und theoretisch auch das benachbarte frühere Wohnheim. Doch es wird als solches schon lange nicht mehr genutzt. 1992 zogen die letzten Lehrlinge aus. Dass ihnen keine Weiteren folgten, lag an der damaligen Lage der Uhrenindustrie, die nicht rosig war. Die Betriebe kämpften entweder um ihren Erhalt oder um den Wiederaufstieg in die Luxusbranche. Zeit und Kraft, Lehrlinge auszubilden, hatten sie nicht.

Damit begann der Niedergang des Wohnheims, dass im Zuge der Betriebsberufsschule Makarenko vom VEB Glashütter Uhrenbetriebe errichtet wurde und nach der Wende zusammen mit der Uhrmacherschule an den Landkreis überging. Während es den Lehrern und dem Kreis gelang, die Uhrmacherschule durch die schwierige Zeit zu führen, tat sich am Wohnheim nichts. Zwar gab es in den vergangenen Jahren einige Interessenten für den Zweigeschosser mit ausgebautem Dach. Doch alle Verhandlungen verliefen im Sande. Erfolgversprechend waren zuletzt die Gespräche, die der Landkreis mit dem Luxusuhrenhersteller Glashütte Original führte. Beide Seiten konnten sich über viele Details einigen, sagte Bernd Mätzler damals. Doch im Mai 2014 erklärte die Geschäftsführung des Uhrenherstellers, dass sie kein Interesse an der Immobilie mehr habe. Danach ist es ruhig geworden ums ehemalige Internat.
Schwierige Lage im Gelände
Ins Bewusstsein der Glashütter rückte es erst wieder, als die Stadt im Auftrag des Kreises nach Immobilien Ausschau hielt, um Asylbewerber unterzubringen. „Natürlich war auch dieses Gebäude im Gespräch“, erinnert sich Bürgermeister Markus Dreßler (CDU). Deshalb tauchte es auch auf einer der ersten Listen auf, die Glashütte an das Landratsamt schickte. Von dort kam dann die überraschende Antwort, dass man mit einem Kaufinteressenten im Gespräch sei. Und Bernd Mätzler wusste bereits, wer das ist. Es ist die Firma, die im letzten Jahr einen Rückzieher machte: Glashütte Original. Offiziell bestätigen wollte die Firma ihr neuerliches Interesse auf Anfrage noch nicht. Es sei zu zeitig, sich dazu zu äußern, ließ der stellvertretende Geschäftsführer Frank Kittel ausrichten. Es seien noch offene Fragen zu klären.
Das bestätigt Irina Heise, Leiterin der Abteilung Schulen- und Liegenschaftsmanagement. Das größte Problem an dieser Immobilie sei die Lage. Denn das frühere Lehrlingswohnheim steht zwischen der Uhrmacherschule und einem steilen Hang auf einem kleinen Grundstück, das 80 Meter lang und 60 Meter breit sei. Sowohl an der Nordseite als auch an der Südseite gibt es nur schmale freie Flächen, die zum Grundstück gehören. Es wird kompliziert, dort mit schweren Lkws und Baumaschinen zu arbeiten. Um eine separate Zufahrt von Süden her, also von der nach Geising zugewandten Seite des Grundstücks zu schaffen, müsste viel Hang abgetragen werden.
Daran ist wohl auch der Verkauf im letzten Jahr gescheitert. Nun haben Kreis und Firma offenbar eine Alternative gefunden. Demnach soll das Lehrlingswohnheim eine separate Zufahrt auf der zur Stadt zugewandten Seite bekommen. Sollte das gelingen, müssten noch die Maßnahmen abgestimmt werden, „die der Interessent mit dem Objekt plant“, sagt Frau Heise. Denn bei Bauarbeiten müsste der Schulbetrieb sichergestellt werden. Das dürfte auch im Interesse der Uhrenmanufaktur sein, da deren Lehrlinge auch in der Uhrmacherschule ausgebildet werden. Nun darf man gespannt sein, ob der Verkauf diesmal klappt. „Die notwendigen Vorabsprachen sind getroffen. Der Vollzug des Verkaufes soll 2016 erfolgen“, erklärt Irina Heise.