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Hohnsteiner verwalten großes Gebiet

Geschichte. Ein Blick in die Historie zeigt,Verwaltungsreformen gab es schon früher.

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Von Irmtraut Hille

Es war schon einmal da – ein einheitliches Verwaltungsgebiet, das sich von Neustadt bis Schandau und von Hohnstein bis Hinterhermsdorf erstreckte.

Es nannte sich aber nicht Große Kreisstadt. Denn der Begriff Stadt ist eigentlich mit einem solchen Gebilde nicht identisch, sondern Amt Hohnstein, denn der Verwaltungssitz war in Hohnstein in der dortigen Burg. Zugegeben, etwas sehr am Rande gelegen, was sicherlich mit den Eigentumsverhältnissen der Burg als einstigem Herrschaftssitz zusammenhing.

Jedes Dorf hatte seinen Erblehnrichter und seine Gemeindevertreter, damals Schöffen genannt, die von der Gemeinde vorgeschlagen und vom Amt bestätigt wurden, auf unbegrenzte Zeit, aber sie konnten jederzeit abberufen werden, wenn sie sich etwas zu Schulden kommen ließen oder es selbst wegen Krankheit, Alter oder aus anderen Gründen wünschten. Sie erhielten keine Gehälter, sondern arbeiteten ehrenamtlich. Der Erblehnrichter, der mit der Verwaltung des Dorfes vielfältige Dinge zu erledigen hatte, war zur Entschädigung im Wesentlichen frei von Steuern. Für die Entscheidung wichtiger Dinge wurde die ganze Gemeinde zusammengerufen. Es konnte sonst keine Entscheidung getroffen werden. Der Amtmann von Hohnstein, der an der Spitze der Verwaltung stand und dem Dinge von höherer Bedeutung vorgelegt wurden, reiste in bestimmten Zeitabständen, auch bei Erfordernis, reihum in die Dörfer zum so genannten „Ehegedinge“, auf dem lokale Probleme, auch Beschwerden der Einwohner, erörtert und entschieden wurden, eine „Bürgernähe“, die heute schwer vorstellbar ist.

Der Ruf der Französischen Revolution nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bescherte uns dann 1839 gewählte Gemeindevertretungen mit einem Gemeindevorstand (seit 1924 Bürgermeister) an der Spitze. Seit der Zeit des letzten Weltkrieges mit dem Übermaß an Verwaltungsaufwand wegen Lebensmittelrationierung und Pflichtablieferung landwirtschaftlicher Produkte konnte der Ruf nach Gehältern der Bürgermeister und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltungen nicht länger überhört werden.

Trotz Nichtvorhandenseins von Lebensmittelrationierung und Pflichtablieferung und trotz großer Arbeitserleichterung durch Computertechnik können wir uns heute eigene Gemeindeverwaltungen nicht mehr leisten – und das, obwohl die Einwohnerzahl wieder der Erblehnrichterzeit um 1820 entspricht.

Private Interessen

Die Gemeindegebietsreform von 1994 brachte Gebilde wie die Gemeinde Kirnitzschtal hervor, die zur Hälfte vor, zur Hälfte hinter der Stadt Sebnitz liegt. Sie sollte eine Vereinfachung der Verwaltung und Verringerung der Verwaltungskosten bringen. Hat der Bürger etwas davon gespürt? Gesichtspunkte wie die geografische Lage und daraus resultierende gemeinsame Interessen, die Projekte fördern könnten, und die vielzitierte Bürgernähe werden weitgehend „unter den Tisch gekehrt“. Stattdessen spielt dabei ein Wirrwarr von teils gegensätzlichen, selbst privaten Interessen ihrer Begründer, zumeist bisheriger Bürgermeister, die ausschlaggebende Rolle.