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Hunderte Zivistellen drohen wegzufallen

Mit der sich ankündigenden Aussetzung der Wehrpflicht kommen auf soziale Einrichtungen in Riesa massive Probleme zu.

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Im Kreis Meißen könnten schon bald 400 Vollzeitarbeitskräfte im sozialen Bereich wegfallen. Dann nämlich, wenn sich Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit seinen Plänen durchsetzt, die Wehrpflicht auszusetzen, diese faktisch abzuschaffen. 381 Stellen gibt es laut Bundesamt für Zivildienst im Kreis – ohne Wehrdienst würden schlagartig auch diese Wehrdienstverweigerer nicht mehr zur Verfügung stehen. In den 181 Sozialeinrichtungen, die im Kreis Zivis beschäftigen, wird der Lauf der Diskussion daher interessiert verfolgt. Zum Beispiel im Riesaer Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Geschäftsführer Falk Glombik erklärte gestern der SZ, dass er derzeit sieben Zivis beschäftigt, in der Tagespflege und im Fahrdienst. Gebe es die Stellen nicht mehr, „wäre das ein großer Einschnitt“, so Glombik. „Ich wüsste nicht, wie wir das dann abdecken sollten.“

Zivis sind schwer zu ersetzen

Zivis sind für Sozialeinrichtungen die mit Abstand günstigsten Arbeitskräfte, da es Zuschüsse vom Bund gibt. Ein Ersatz durch reguläre Arbeitskräfte wäre im DRK auf jeden Fall nicht möglich, sagt Glombik. Und auch Zivistellen durch Beschäftigte des Freiwilligen Sozialen Jahres zu ersetzen, ist Utopie – sie kosten nämlich knapp doppelt so viel Geld. Falk Glombik hofft darauf, dass – wie innerhalb der Bundesregierung debattiert wird – der Zivildienst wenigstens als Freiwilligendienst weiterbesteht. Zivis würden dann nicht mehr wie bisher zwangsverpflichtet, sondern könnten den Dienst zum Beispiel als Überbrückung zwischen Schule und Studium antreten.

Dass diese Möglichkeit nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt der Riesaer Bastian Pahnitz (18). Seit ein paar Wochen ist er Zivi an der Förderschule Lichtblick, betreut dort Kinder und erledigt Hausmeisterarbeiten. Er erklärte, dass er die Arbeit sehr schätze – und sie auch machen würde, wenn es nicht den verpflichtenden Zivildienst gebe.

In seiner ehemaligen Abiturklasse – wo die klare Mehrheit Zivildienst absolviere – habe Bastian Pahnitz die Erfahrung gemacht, dass die meisten Zivis mit großer Überzeugung den Dienst antreten. Seine Chefin Uta Schüffler ist übrigens skeptisch, ob nach Wegfall der Zivistelle an ihrer Schule von den Sozialbehörden Ersatz geschaffen wird. Alle befragten Sozialträger sind sich einig, dass ein Wegfall des Zivildienstes krasse Folgen hätte. Marcel Maas, Leiter des Vitanas Senioren Centrums in Riesa, hält den Zivildienst auch aus einem anderen Grund für unentbehrlich. „Ich sehe die Diskussion mit Sorge, da der Zivildienst für die Entwicklung der jungen Leute enorm wichtig ist“, sagt er. In seinem Haus arbeiten derzeit zwei Zivis, für die Bewohner seien sie wichtige Anknüpfungspunkte an die jüngere Generation. Thomas Trappe