Mehr als eine Zugtaufe

Von Luise Anter
Zur Sicherheit durfte er nicht werfen, sondern nur schütten. Mit einem kräftigen Schwung entleerte Ministerpräsident Michael Kretschmer ein Glas Sekt gegen die Scheibe eines neuen ICE 4. Der wurde am Montagmorgen am Gleis drei des Dresdner Hauptbahnhofs auf den Namen "Freistaat Sachsen" getauft.
Landeskirchenrat Thilo Daniel als Vertreter des evangelischen Landesbischofs und Generalvikar Andreas Kutschke vom Bistum Dresden-Meißen haben den Hochgeschwindigkeitszug ökumenisch gesegnet. Der Zug werbe ab sofort in der gesamten Bundesrepublik für den Freistaat, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer. "Ich wünsche allen Passagieren im ICE 'Freistaat Sachsen' eine gute Reise."

Der zwölfteilige ICE 4 ist der modernste Hochgeschwindigkeitszug aus der Flotte der Deutschen Bahn. Er ist 346 Meter lang und bietet Sitzplätze für 830 Menschen. Für Komfort sollen unter anderem ergonomische Sitze und Leuchtstreifen am Boden zur Orientierung sorgen – ebenso wie Bildschirme, auf denen man in Echtzeit den Reiseverlauf und die Pünktlichkeit verfolgen kann. Am Dienstag gab die Bahn bekannt, dass die Höchstgeschwindigkeit ihres Aushängeschilds von derzeit 249 auf 265 Stundenkilometer gesteigert werden soll. Damit sind sie immer noch langsamer als ältere ICE, die maximal Tempo 320 auf die Schiene bringen.
Eingesetzt werden die Hochgeschwindigkeitszüge seit Ende 2017. Seit Dezember 2018 sind sie auch auf der Schnellfahrstrecke Berlin-Leipzig/Halle-München unterwegs. Damit ist Leipzig der einzige sächsische Halt des ICE 4. Auch der Zug mit dem Namen "Freistaat Sachsen" wird in Leipzig halten. Die Landeshauptstadt wird er aber so schnell nicht wieder ansteuern.

Bis 2026 sollen insgesamt 137 dieser Züge im Fernverkehr der Deutschen Bahn unterwegs sein. Ein Teil von ihnen erhält einen zusätzlichen Wagen und wird mit 375 Metern zur längsten Zugeinheit der DB-Flotte. In diesen Zügen finden dann bis zu 918 Menschen Platz - etwa fünf Mal mehr als auf einem Kurzstreckenflug und 15 Mal mehr als in einem Fernreisebus.
Auch Ronald Pofalla, Infrastruktur-Chef der Deutschen Bahn, war für die Zugtaufe nach Dresden gekommen. Die neuen Züge seien auch ein Zeichen für mehr klimafreundliche Mobilität. Der gesamte Fernverkehr der Deutschen Bahn ist mit Ökostrom unterwegs. Im letzten Jahr sei der Anteil der Erneuerbaren Energien bei der Bahn auf 60 Prozent gestiegen, so Pofalla. Bis 2030 sollen es 80 Prozent sein. "Für klimafreundliche Mobilität schaffen wir mehr Mobilität auf der Schiene", so Pofalla.

Nach der Zugtaufe stand die geplante Bahnstrecke zwischen Dresden und Prag auf der Tagesordnung: Die beteiligten Länder Deutschland und Tschechien, der Freistaat Sachsen und die tschechische Netzgesellschaft Správa železnic haben ihre Zusammenarbeit mit einer Vereinbarung bekräftigt. Neben Kretschmer und Pofalla haben sie Hugo Gratza vom Bundesverkehrsministerium, Michal Fridrich vom tschechischen Verkehrsministerium und Jiří Svoboda, Chef der tschechischen Netzgesellschaft unterschrieben. Alle betonten, wie wichtig die neue Strecke sei - nicht nur für den Freistaat Sachsen und die Tschechische Republik. "Die neue Schnellfahrstrecke verbindet Europa und die Regionen", sagte Svoboda.
Elbtal soll entlastet werden
Die rund 43 Kilometer lange Neubaustrecke zwischen Heidenau und Ústí nad Labem soll die Fahrtzeit zwischen Dresden und Prag auf nur noch eine Stunde verkürzen. Das sind 75 Minuten weniger als heute. Derzeit läuft ein Raumordnungsverfharen, in dem die sieben Vorschläge für den Trassenverlauf bewertet werden. Darunter sind drei Volltunnelvarianten. Noch bis zum 6. März können sich Bürger, Verbände und Behörden an dem Verfahren beteiligen. "Unser Ziel ist es, das Elbtal von Güterverkehr zu entlasten", sagte Kretschmer. Auch er wünsche sich eine Volltunnelvariante - ob dieser Wunsch in Erfüllung gehe, wisse heute noch niemand.
Ein deutsch-tschechisches Projektteam bereitet derzeit die weiteren Planungsschritte vor und wird in den kommenden Wochen erste Aufträge für die Planung des Erzgebirgstunnels ausschreiben.
Wann die Strecke fertig sein und wie teuer sie sein wird, ist aber noch unklar. Pofalla wollte sich dazu noch nicht festlegen.