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Ich bin dann mal weg

Seit der Wende hat Wolfram Köhler die Stadt Riesa in unterschiedlichen Positionenmitgestaltet. Das ist jetzt vorbei. Was sagen seine Weggefährten?

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Von Robert Reuther

Monatelang ist darüber spekuliert worden, auf einmal ging es ganz schnell. Die Ära Wolfram Köhler endet in Riesa am 31. Dezember dieses Jahres. Der ehemalige Oberbürgermeister und FVG-Berater hat seinen Vertrag mit der städtischen Gesellschaft vorzeitig beendet und kehrt der Stadt somit wohl endgültig den Rücken zu.

Leicht ist ihm die Entscheidung sicher nicht gefallen. Denn die FVG war sein Baby, auch wenn sie 1997 offiziell vom damaligen Oberbürgermeister Horst Barth (FDP) gegründet worden ist, und zwar aus einem finanziellen Engpass heraus. Um Kosten zu sparen, wurden das Kultur- und Sportamt und die Wirtschaftsförderung zur FVG zusammengeschlossen. Immer schon war die Gesellschaft dabei auf Zuschüsse der Stadt angewiesen. Weil die mit den Jahren immer weniger wurden, gab es des öfteren Gerüchte über das Aus der FVG. „Das wollte ich verhindern. Mir ging es darum, das Personal auf seinem jetzigen Stand zu erhalten und alle Sparten zu sichern“, sagt Wolfram Köhler. „Dazu wollte ich meinen eigenen Konsolidierungsbeitrag leisten. Ich will kein Kapitän sein, der sich ins Rettungsboot flüchtet.“ Der beträgt etwa 100000 Euro. So viel bekommt Köhler jedes Jahr für seine Beratertätigkeit.

Verliert Riesa an Bedeutung?

Wenn die Stadt auch künftig mindestens 1,6 Millionen Euro im Jahr zuschieße, dann sei es seiner Meinung nach möglich, das Stadtmuseum, die Bibliothek, den Tierpark, die Stadthalle Stern, die WM-Halle und die Erdgasarena zu erhalten. „Trotzdem bin ich enttäuscht und mit der Situation nicht glücklich. Das ist nicht mehr die Gesellschaft, die wir uns einmal ausgedacht haben“, sagt Köhler. Dennoch sei seine Entscheidung richtig. Er finde sich in der heutigen FVG einfach nicht mehr wieder.

Dass die Vertragsauflösung letztlich zustande kam, ist laut Wolfram Köhler einzig und allein der Verdienst des FVG-Aufsichtsratsvorsitzenden Marco Müller. „Er ist der Einzige, der mit mir darüber gesprochen hat, obwohl ich bereits seit einem dreiviertel Jahr Gesprächsbereitschaft signalisiere“, so Köhler. Diese Spitze zielt offenbar in Richtung von Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU). Diese hat Köhlers Meinung nach immer und überall über den Beratervertrag gesprochen, sich aber nie mit ihm direkt auseinander gesetzt. „Nur Marco Müller hat reagiert. Ich kann nichts mehr glauben in der Stadt“, sagt der Berater.

Ganz so drastisch sieht es Marco Müller nicht. Aber auch er will nicht verleugnen, dass es in der Stadt gewisse Befindlichkeiten gebe. „Ich bin deshalb als Aufsichtsratsvorsitzender vorangegangen. Wir beide haben immer vernünftig und offen gesprochen“, so Müller. Köhler habe viel auf den Weg gebracht und geleistet. Es sei jedoch vielleicht an der Zeit, dass sich die FVG von ihrem Ziehvater emanzipiere. Künftig werde die Geschäftsführung mehr Aufgaben übernehmen müssen. Der Frust über die Sache ist Wolfram Köhler dennoch anzuhören. „Lange haben wir in der FVG versucht zu verhindern, dass die Stadt in die Bedeutungslosigkeit versinkt. Ich will nicht länger zuschauen, wie Riesa mit Hochgeschwindigkeit genau in diese Richtung steuert“, sagt er.

Ob Riesa tatsächlich gegen die Mauer knallt, vermag SPD-Fraktionschef Horst Hofmann nicht zu beurteilen. Für ihn selbst war Köhler stets Fluch oder Segen, von den einen als Held, als Mr. Riesa gefeiert, von den anderen verteufelt. „Mich wundert, dass alle, die ihn hoch gepriesen haben, heute seine erbittertsten Feinde sind“, so Hoffmann. Er selbst mag ihn nicht verteufeln, habe viel mit ihm erreicht. „Ich bedauere das endgültige Aus. Wenn er im Dezember geht, kann ich nur sagen: Danke, Wolfram“, sagt Horst Hofmann.

Visionen reichen nicht aus

Für Linkenfraktionschefin Uta Knebel hat und wird Wolfram Köhler immer polarisieren. „Und so ist es auch bei mir. Einerseits vermisse ich die Visionen bei der Gestaltung unseres Weges als Stadt. Andererseits zeigen die aktuellen Ereignisse, dass Visionen allein nicht genügen. Visionäres Denken ohne Zielstrebigkeit, Sachorientierung und den Weitblick aufs Ganze ist letztlich zum Scheitern verurteilt“, sagt Uta Knebel.

Gerti Töpfer indes zeigt sich zufrieden mit der Lösung der Causa Köhler. „Ich denke, dass das im Sinne der FVG und der Stadt ist in dieser schwierigen finanziellen Zeit“, sagt die OB. Sie selbst habe die Verhandlungen mit Köhler nicht führen wollen. Warum nicht, ließ sie allerdings offen. „Ich denke, dass Herr Müller eine gute Arbeit gemacht hat. Und Herr Köhler steht uns auch dieses Jahr noch zur Verfügung, wenn wir ihn brauchen“, so Gerti Töpfer.

Was Wolfram Köhler nach seiner Zeit in Riesa machen wird, steht noch nicht fest. „Ich habe Ideen, die sind aber noch nicht spruchreif.“ In die Stadt werde er aber immer wieder zurückkehren. „Ich habe einfach noch zu viele Freunde hier.“