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Ich bin froh, in Dresden zu sein

Prominente Dresdner lassen ihr Jahr 2007 Revue passieren – heute Universitätsklinik-Chef Michael Albrecht.

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Am Ende jeden Jahres wird gern behauptet, dass diesmal sicher einer der aufregendsten oder turbulentesten Zeitabschnitte hinter einem liegt. Für mich und meine Familie trifft es in diesem Jahr in der Tat zu: Anfang des Jahres bot mir das Münchner Universitätsklinikum an, diese Einrichtung zu leiten. Ich gebe zu, ein äußerst verlockendes Angebot. Denn München ist nicht nur meine Heimatstadt, sondern das dortige Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilans-Universität gehört zu den größten und renommiertesten Standorten in ganz Europa.

Meine Kinder, hier in Dresden geboren und tief verwurzelt, waren von der Umzugsidee gar nicht begeistert. Meine Frau dagegen war überzeugt, dass auch bei dieser Entscheidung mein beruflicher Erfolg gut für die ganze Familie sei. Dieses Auf und Ab der Gefühle belastete uns alle sehr. Nachdem die Entscheidung für München fast schon gefallen war, haben – Gott sei Dank – die vielen Gespräche mit Freunden, aber auch Mitarbeitern und Partnern des Uniklinikums sowie nicht zuletzt einflussreichen Persönlichkeiten und Politikern den Ausschlag für Dresden gegeben.

Dresden braucht Modernes

Mir und meiner Frau machte diese Entscheidung auch bewusst, dass wir nicht mehr Zugereiste und zeitlich befristete Bewohner der Stadt sind, sondern im Herzen zu Dresdnern wurden. Dies verpflichtet uns, nicht nur die Vorteile dieser Stadt und des Arbeitsplatzes zu genießen, sondern sich auch zu fragen, was man für diesen Lebensmittelpunkt tun kann. Als Dresdner Bürger und nicht zuletzt als Vorstand des Universitätsklinikums mit seinen rund 5000 Beschäftigten, ist mir eine gute und vernünftige Verkehrsinfrastruktur wichtig. Sie trägt dazu bei, einen Verkehrskollaps ebenso zu verhindern wie die damit verbundene Luftverschmutzung und Lärmbelästigung.

Deshalb gab es in diesem Jahrzwei Dinge, die auch mich beschäftigten – der Postplatz und die Waldschlößchenbrücke. Persönlich halte ich die Optik und Verkehrsplanung des Postplatzes für absolut misslungen. Der Verkehr wird derart besucherunfreundlich geführt, dass es schon an Willkür grenzt. Viel lässt sich zum Thema Elbbrücke kommentieren. Vor allem als Klinikumsvorstand – also direkt Betroffener – habe ich keinen Zweifel an der Notwendigkeit einer weiteren Elbüberquerung. Natürlich bleibt die Frage, warum die zu bauende Elbquerung eigentlich so hässlich ausfallen musste. Gibt es keine Gestaltung, die auch unsere Enkel noch von der Einmaligkeit guter Architektur überzeugen könnte?

Wie die Übernachtungszahlen belegen, ist Dresden ein äußerst attraktives Ziel für Menschen aller Länder. Gäste aber kommen nur wieder, wenn das Angebot an Veranstaltungen, Messen, kulturellen Attraktionen – ich denke da vor allem an die Bildenden Künste – nicht nur so bleibt, sondern sich weiter entwickelt. Dazu gehört ein akzeptabler Konzertsaal ebenso wie Veranstaltungsräume, die über das bestehende Angebot hinausgehen. Für mich als Kunstbegeisterten zählen auch neue Ausstellungsmöglichkeiten für moderne Kunst dazu. Die Diskussionen um das Gewandhaus am Neumarkt lassen befürchten, dass es in der Stadt eine zu schwache Lobby für Gegenwartskultur gibt. Das könnte die weitere Entwicklung der Stadt gefährden: Dresden muss sich zur modernen Kunst- und Veranstaltungsstadt weiterentwickeln. Ohne eine junge, auch internationale Bürgerschaft ist das undenkbar.

Meine Vision ist eine Stadt, die im nationalen wie internationalen Maßstab kulturell, künstlerisch und wissenschaftlich bedeutende Entwicklungen vorantreibt. Das Universitätsklinikum, die Medizinische Fakultät, die Technische Universität und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie das Max-Planck-Institut oder die Leibniz- und Frauenhofergesellschaften spielen hierbei eine tragende Rolle.

Die internationale Reputation Dresdens wird nicht von seiner Stadtsilhouette geprägt, sondern von der Attraktivität der Arbeitsmöglichkeiten sowie der Innovationskraft und Sympathie seiner Bürger. Hier bleibt noch viel zu tun, immerhin ist 2007 der bisher einzige ostdeutsche Exzellenzstandort im Bereich der Biowissenschaften und Medizin in Dresden dauerhaft etabliert worden: Das „Zentrum Regenerative Therapien Dresden“ erhielt die Zusage von Bund- und Freistaat, ein eigenes Gebäude für 38 Millionen Euro zu errichten.

Das Klinikum sieht sich nicht als isolierter Standort der Hochschulmedizin. Vielmehr wollen wir den Mittelpunkt eines starken Gesundheitsnetzwerkes bilden, das mit vielen Partnern verbindlich zusammenarbeitet. Wir fühlen uns verantwortlich für die Qualität der medizinischen Versorgung und das auf allen Behandlungsstufen. Darüber hinaus wollen wir international anerkannte Spitzenmedizin dort anbieten, wo sie notwendig ist, und wir tun dies mit hoch motivierten Mitarbeitern und vor allem wachsender Servicequalität.

Haustarif mindert Risiken

Es ist uns auch in diesem Jahr gelungen, internationale Spitzenmediziner hierher nach Dresden zu holen. Darunter sind beispielsweise Onkologen und ein Rheumatologe. Aber auch in den wissenschaftsorientierten Bereichen nahmen Experten der Transplantationsmedizin oder der regenerativen Therapien den Ruf nach Dresden an.

Trotz aller gesundheitspolitisch bedingter Schwierigkeiten entwickelte sich das Klinikum auf dem Gesundheitsmarkt äußerst positiv. Uns gelang es nicht nur, die Qualität der Behandlungen weiter zu steigern, sondern dies mit wirtschaftlichem Erfolg zu verknüpfen. Unsere nicht erst in diesem Jahr positiv ausfallenden Zahlen sind ein Garant für das Überleben der Hochschulmedizin in Dresden. Dazu trägt auch der im Herbst dieses Jahres abgeschlossene Haustarifvertrag für das nichtärztliche Personal bei. Das Klinikum geht gestärkt aus der harten Bewährungsprobe der Streiks und den zähen, aber fairen Vertragsverhandlungen hervor. Mit dem bis 2012 geltenden Haustarif können wir mit einem überschaubaren Risiko in die Zukunft gehen.

Ich jedenfalls bin froh, dass ich mich für Dresden entschieden habe. Ich liebe diese Stadt, „mein Universitätsklinikum“ und werde mit moralischer Unterstützung meiner Familie tatkräftig an der weiteren Entwicklung mitarbeiten.