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"Ich bin froh überhaupt noch zu arbeiten"

Warum ein Verkäufer aus Hartha Toilettenpapier im Lager versteckt - und warum der 29-Jährige eigentlich kein Corona-Held sein will.

Von Erik-Holm Langhof
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Marco Kretschmer ist Verkäufer bei Edeka. Mit seinen Kollegen leistet er jeden Tag einen harten Job, damit Kunden jederzeit einkaufen gehen können.
Marco Kretschmer ist Verkäufer bei Edeka. Mit seinen Kollegen leistet er jeden Tag einen harten Job, damit Kunden jederzeit einkaufen gehen können. © Dietmar Thomas

Hartha. Ein Held? So will sich Marco Kretschmer lieber nicht bezeichnen. "Ich mache hier eigentlich nur meine ganz alltägliche Arbeit", sagt der 29-Jährige und fügt hinzu: "Selbst jetzt mache ich sie gern." Der Harthaer gehört zu einen der Unentbehrlichen, die während der Coronavirus-Krise nicht aus dem Homeoffice arbeiten können. Er ist Verkäufer bei Edeka. Heute hat er Spätschicht.

Mit Blick auf das Regal mit Toilettenpapier und Küchenrollen kann er nur mit dem Kopf schütteln. "Es ist leider immer noch so. Die Ware ist schneller wieder weg, als man schauen kann", erzählt Kretschmer. Das soll sich später noch bewahrheiten. Für ein Foto holt er von der versteckten Palette im Lager eine Sammelpackung Toilettenpapier - darin sechs Stück. 

"Mittlerweile sind wir sogar auf andere Firmen umgesprungen, um ausreichend Ware zu erhalten", sagt er. Jeden Dienstag und Donnerstag würden sie eine neue Lieferung erhalten. In den letzten Wochen zum Teil mit massiven Verzögerungen, die sich mittlerweile jedoch wieder reduziert hätten.

Die Regale im Geschäft füllen Kretschmer und seine Kollegen vormittags und nachmittags auf. Verkauft wird höchstens eine Packung Toiletten- oder Küchenpapier. "Wir versuchen, das etwas einzuteilen, damit jeder die Chance hat, etwas zu erhalten", erklärt der 29-Jährige. 

Und dennoch ist die gerade geöffnete Sammelpackung nach weniger als zehn Minuten schon wieder weg. Ein paar Kunden konnten glücklich gemacht werden.

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Doch ganz verstehen kann das Marco Kretschmer dennoch nicht. "Es ist ausreichend da, wir bekommen immer wieder Lieferungen und erklären das auch den Kunden, aber die Hamsterkäufer sind dennoch weiter unterwegs", erzählt er. 

In den Regalen fehlen vor allem Nudeln, Reis, Seife, Pulverprodukte und Konserven. Das Geschäft hatte sich entschlossen, Toilettenpapier und Küchenrollen auf eine Packung sowie Milch auf einen Colli pro Person zu beschränken. "Die meisten haben es verstanden, bei einigen wenigen gab es Probleme", resümiert der Verkäufer.

Ein ähnliches Fazit zieht er auch bei der Einhaltung der verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Der Harthaer Edeka hat mit der Ausbreitung des Coronavirus an den Kassen angefangen, Plexiglasscheiben als Schutz für seine Mitarbeiter anzubauen. Außerdem gibt es im Kassenbereich und an der Fleischerdtheke Abstandsmarkierungen auf dem Boden.

"Wir bitten die Kunden auch, möglichst bargeldlos zu bezahlen, um den Kontakt zu vermeiden", erklärt Marco Kretschmer. Jedoch könne der Kunde dennoch jederzeit mit Bargeld bezahlen. Dafür gibt es an den Kassen weiße Schälchen, in die die Münzen und Scheine gelegt werden müssen. So wird der Kontakt von Hand zu Hand vermieden. 

"Außerdem haben wir an jeder Kasse ein Desinfektionsmittel, um die Pin-Tastatur für Kartenzahlung sowie unser Kassensystem zu säubern, wenn die Mitarbeiter wechseln." Seit dieser Woche stehen die Einkaufswagen auch in Entnahme- und Abgabebereichen. Diese Einteilung soll helfen, dass jeder einen desinfizierten Wagen bekommt.

In ein weißes Schüsselchen müssen Kunden und Mitarbeiter das Geld legen, wenn sie nicht bargeldlos bezahlen wollen. So soll der Kontakt vermieden werden. Außerdem ist zwischen Verkäufer und Besucher eine Plexiglasscheibe
In ein weißes Schüsselchen müssen Kunden und Mitarbeiter das Geld legen, wenn sie nicht bargeldlos bezahlen wollen. So soll der Kontakt vermieden werden. Außerdem ist zwischen Verkäufer und Besucher eine Plexiglasscheibe © Dietmar Thomas

Die Edeka-Mitarbeiter tragen keinen Mundschutz, auch keine Handschuhe. Wer möchte, kann. Gezwungen wird niemand. Weil die Hände in diesen Einweghandschuhen so schnell schweißnass werden, wäscht sich Marco Kretschmer lieber einmal mehr die Hände. Arbeit ist für alle ausreichend da. 

An jeder Ecke befindet sich an diesem Nachmittag ein Mitarbeiter und räumt Produkte in die Regale ein. Aushilfen würden jedoch nicht gebraucht. Die Pausen sind getaktet, damit nicht mehr als zwei Personen im Hinterraum sind. Auch auf Handschläge untereinander und mit Handelsvertretern werde nun endgültig verzichtet werden.

Allgemein sei es wichtig, dass sich alle an die Regeln halten, meint Kretschmer. "Dann schaffen wir es auch, die Krise zu überstehen." Der Edeka-Mitarbeiter habe jedoch keine Angst, sondern Respekt vor dem Coronavirus. Er mache seinen Job Tag für Tag gern, auch jetzt mit den Einschränkungen. 

"Ich kann mich froh schätzen, dass ich überhaupt noch arbeiten gehen darf und nicht zu Hause rumsitzen muss", sagt der Harthaer. Mit den Gedanken sei er bei den vielen Menschen, die nun auf Kurzarbeit wechseln müssen oder ihren Job verlieren. Er hoffe, dass sich ab Ende April die Lage wieder verbessere und auch am Edeka-Markt auf der Nordstraße in Hartha wieder etwas Ruhe einkehrt.

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