"Ich bin noch ein Stadtrats-Lehrling"

Großenhain/Bauda. Sein Büro hat Lars Dronigke aus der ersten Etage ins Erdgeschoss seines Baudaer Wohnhauses verlegt. „Es kommen ja immer mal Leute, die kurz mit mir reden wollen. Das ist das schon gut so“, sagt der 41-Jährige.
Seit ein paar Tagen hält in den Nachmittagsstunden ein zusätzlicher Bus in Bauda. Einwohner aus dem Dorf waren an den Chef des Ortschaftsrates herangetreten, weil Kinder zu dieser Zeit keinen Bus nutzen konnten, um nach Hause zu kommen. Lars Dronigke ging den „kurzen Dienstweg“ zur Verkehrsgesellschaft Meißen, fand offene Ohren. „Ich freue mich über jeden Bus, der hier anhält. Denn die Ortsteile dürfen nicht abgehangen werden“, sagt der Familienvater.
Vor sechs Jahren entschied er sich, als Ortschaftsrat in die Kommunalpolitik zu gehen. „Meine erste Frage damals war: Wie viel Zeit muss ich da investieren“, erinnert er sich schmunzelnd. Bis heute kann er sie nicht wirklich beantworten. Reine „Privatperson“ sei er nicht mehr, denn im Dorf wird er ständig angesprochen. „Aber ich mache das mit Herzblut“, ergänzt Lars Dronigke. Montags ist normalerweise „Bauda-Tag“. Doch manchmal ist es unumgänglich, auch sonntags eine Sitzung oder Begehung anzuberaumen. Und wenn es nötig ist, nach Ordnung und Sicherheit zu schauen, „gehe ich auch nachts mal durchs Dorf“.
Zunehmende Gleichgültigkeit registriert
Im Februar rückte Lars Dronigke nun in den Großenhainer Stadtrat. Für Kai-Uwe Schwokowski, mit dem er als Kandidat der „Alternativen Liste“ im Herbst 2019 angetreten war. Als dessen Rückzug feststand, habe er eine Weile überlegt. Denn die „Alternative Liste“ hatte bei der Wahl nur einen Sitz im Stadtrat errungen. „Aber ich wollte kein Einzelkämpfer sein“, begründet Lars Dronigke die Entscheidung, sich der Fraktion von „Gemeinsam für Großenhain“ anzuschließen.
Am 5. Februar erlebte er nun seine erste Sitzung. „Voller Spannung“, wie er sagt. Und: „Ich bin noch Stadtrats-Lehrling.“ Zwar habe er schon immer einen guten und engen Kontakt zu vielen Stadträten gehabt. Aber jetzt wolle er erst einmal für sich herausbekommen, „wie die Uhren ticken“.
Dass seine Fraktion gleich bei seiner Premiere einen Beschlussantrag zur Erhöhung von Ordnung und Sicherheit einbrachte, entspricht freilich seiner wichtigen Intuition für das Wesentliche. Denn das Thema bewegt ihn auch als Ortschaftsrat von Bauda nicht erst seit Februar. Auch Lars Dronigke hat in den letzten Jahren eine zunehmende Gleichgültigkeit registriert, wenn es zum Beispiel um illegalen Müll oder Feuerwerk im Dorf geht. Zu- oder gar Wegsehen lässt er nicht gelten - und geht mit unkonventionellen Wegen voran.
Sein Credo: Wer etwas angestellt hat, muss dafür auch geradestehen. Und da ist er sich auch nicht zu schade, als Ortsvorsteher und/oder Nachbar auf die Leute zuzugehen - selbst wenn das unpopulär ist. „Wir müssen an das Gewissen der Menschen appellieren“, sagt Lars Dronigke und meint damit auch, sämtliche Überlegungen aus der Stadtratsdebatte einzubeziehen. Plakataktionen oder Ähnliches seien durchaus geeignete Mittel, um den Nerv der Großenhainer zu treffen.
Selbstverständlich liegt ihm „sein“ Dorf besonders am Herzen, und gemeinsam mit seinen Mitstreitern im Ortschaftsrat konnte da schon so manches Problem in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Dass in der Diskussion um ein Leitbild für Großenhain die Ortsteile bewusst einbezogen werden, freut ihn. Taten- und ideenlos will er dabei nicht sein. Und die Meinung der Baudaer ist ihm besonders wichtig, um mit dörflichen Argumenten an die Türen des Rathauses klopfen zu können. Und zum Zuhören nimmt er sich so viel Zeit wie möglich. Am Gartenzaun oder eben im kleinen Büro im Erdgeschoss.