Von Luise Zschörnig
Etwa 2 500 tropische Schmetterlinge werden im Zeitraum der Landesgartenschau im Schmetterlingshaus zu sehen sein. Wer Glück hat, erwischt einen Tag, an dem gleichzeitig bis zu 250 dieser wunderschönen Geschöpfe durch die Halle flattern oder segeln, auf einer exotischen Pflanze ruhen oder sich gar auf dem Ohr eines Besuchers spazieren tragen lassen. „Das tun sie, um die Salze aus dem Schweiß zu saugen. Schmetterlinge brauchen Mineralien. Deshalb setzen sie sich gern auf feuchte Wege oder die Haut des Menschen“, erklärt Hildegard Hain.
Umwelt muss intakt sein und das Klima stimmen
Die Biologin hat gemeinsam mit ihrem Mann das attraktive Haus in Großenhain geplant und ausgestattet. Etwa aller zwei Wochen ist Peter Volker Hain selbst vor Ort, um nach dem Rechten zu sehen, die hiesigen Betreuer nachzuschulen und mit Besuchern zu plaudern. Dann hat er stets auch „Nachschub“ im Gepäck: Schmetterlingspuppen, die hier im Brutkasten ausschlüpfen. „Schmetterlinge sind sehr heikel“, erzählt der Experte. „Die Umwelt muss intakt sein und das Klima stimmen, und es dürfen nicht zu viele von einer Art im Raum sein. Sonst werden sie aggressiv und noch kurzlebiger.“ Und dabei ist die Lebenszeit der „fliegenden Diamanten“, wie diese farbenprächtigen Falter auch genannt werden, ohnehin knapp bemessen. Sie pegelt zwischen 16 Stunden und einem Jahr. Und die tropischen Schönheiten leben alle viel kürzer als die einheimischen; im Großenhainer Schmetterlingshaus durchschnittlich 15 Tage.
Wer also Pech hat, kann auch einen Tag erwischen, an dem „nur“ zirka 40 Falter zu sehen sind. Ein Erlebnis ist es trotzdem allemal, und kaum ein Gartenschaubesucher lässt es sich entgehen. „Wir waren schon oft drin. Immer wieder gibt es neue Exemplare zu sehen, eines schöner als das andere. Es ist einfach toll“, schwärmt Liesel Fischer. Die Großenhainer Rentnerin und ihr Mann ließen sich natürlich auch den Vortrag nicht entgehen, den Peter Hain am vergangenen Freitag im Kulturschloss über die „Fliegenden Diamanten“ hielt. Und vielleicht sind sie gar schon dem Hinweis des Experten gefolgt, dass gerade jetzt inmitten der anderen schillernden Schönheiten auch drei Atlas-Seidenspinner zu sehen sind. Es ist immerhin der größte Schmetterling der Welt mit einer Flügelspannweite bis zu 30 Zentimeter.
Seit 25 Jahren beschäftigen sich Hildegard und Peter Hain, die Biologin und der Architekt, mit der Schmetterlingszucht. Vor 15 Jahren haben sie ihr Hobby zum Beruf gemacht und ihren ersten „alaris Schmetterlingspark“ in Buchholz in der Nordheide eröffnet. Ein weiterer folgte in Uslar im Solling. Sie erstellten, beliefern und betreuen die Parks u.a. in Rostock, Sassnitz und Lutherstadt Wittenberg, und sie waren auch schon auf verschiedenen Landesgartenschauen präsent.
Seit 1997 betreibt das Ehepaar gemeinsam mit seiner österreichischen Partnerin eine Zuchtstation in Iquitos, der Hauptstadt der Provinz Loreto im Amazonasbecken Perus. Von da entstammen übrigens die meisten Schmetterlinge, die in den hiesigen Parks und auch im Großenhainer Haus die Blicke auf sich ziehen.
Das A und O ist die Pflanzenzucht
Ein Falterleben ist kurz. Aber unermesslich reichhaltig ist die Zauberwelt der Schmetterlinge und lang deren Entwicklungsgeschichte. Man schätzt ihr Alter auf 135 Millionen Jahre, und 160 000 Arten gibt es weltweit. Peter Hain züchtet zurzeit über 150 Arten. Wieviele es insgesamt schon waren, hat er nicht gezählt. „Aber die schönsten sind immer die neuen“, meint er schmunzelnd. „Alle haben andere Futterpflanzen und Bedingungen. Die muss man erst mal kennen und beherrschen. Das A und O der Schmetterlingszucht ist die Pflanzenzucht“, unterstreicht der Experte.
Anhand von Grafiken und Bildern veranschaulichte Peter Hain seinen kleinen Exkurs in die Falterwelt – und über 60 Zuhörer lauschten gespannt. Neben dem Wohl erzählte er auch vom Wehe der Schönheiten. Der Handel mit Schmetterlingen habe unglaubliche Ausmaße angenommen – mit toten Schmetterlingen wohlbemerkt, weiß der Züchter. Mit einem Kamerateam weilte er 1999 in Peru, das in abgelegenen Regionen am Rande des Bergregenwaldes Schmetterlingsfänger bei der Arbeit filmte. Sagenhaft dieses Gewimmel und diese unglaubliche Farbenpracht auf kleinstem Fangplatz, die das Video vermittelte.
„Die Schmetterlinge werden angelockt und dann regelrecht nur noch ,gepflückt‘“, erzählt Peter Hain. Das sei zwar auch in Peru verboten, aber keiner schert sich drum. Die zwei Fänger hatten an nur zehn Tagen je 15 000 Schmetterlinge eingetütet. „Und es gibt viele Fangstellen“, sagt Peter Hain. Auch deshalb werden in ihrer Station in Peru einige dieser seltenen Arten gezüchtet und über zwei Drittel aller gezüchteten Falter wieder in die Natur zurück gesetzt.
Interesse für die Schmetterlinge will das Ehepaar Hain auch mit seinen hiesigen Parks erzeugen – die Menschen erfreuen, begeistern und sensibilisieren. „Das Schönste ist diese friedliche, beruhigende Atmosphäre, die sie verbreiten.“ Im Großenhainer Schmetterlingshaus kriegt man das bestätigt – wenn der Besucherandrang mal nicht ganz zu arg ist. Und bitte: Die Falter nicht anfassen! Dann geht der „Staub“ ab. Schmetterlinge haben nämlich auf den Flügeln kleine Blättchen wie Schuppen, in denen Strukturfarben eingelagert sind, die das Licht reflektieren und so die Farbenpracht erzeugen.