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Im Herbst wird abgerissen

Seit einigen Jahren nimmt der Wohnungsleerstand in Altenberg zu. Deshalb soll in diesem Herbst der erste Wohnblock im bergstädtischen Neubaugebiet fallen. Die SZ sprach mit Geschäftsführer Olaf Weisflog über die Situation der Altenberger Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft mbH (WVG).

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Sie haben seit einigen Jahren mit zunehmendem Wohnungs-leerstand zu kämpfen. Warum?

Der Grund ist ganz simpel: Die Menschen ziehen aus dem Neubaugebiet und generell aus Altenberg weg. Viele sind Mitte der 80er Jahre aus dem Westerzgebirge oder von der Ostsee zum Arbeiten hierher gekommen. Sie haben in Altenberg keine familiäre Bindung. Und wenn sie dann auch noch keine Arbeit haben, dann ziehen sie einfach weiter, woanders hin. Nur ein geringer Teil unserer ehemaligen Mieter sucht Wohnungen an Einzelstandorten hier in der Gegend. Auch ist der Altersdurchschnitt unserer Mieter in den letzten Jahren gestiegen. Wenn da jemand weg ist, ist es schwer, die Wohnung wieder zu vermieten.

Sind Ihre Wohnungen vielleicht nicht attraktiv genug?

Das glaube ich nicht. Denn von 1993 bis 1996 haben wir unseren Bestand umfangreich saniert. Dabei wurden die Wohnungen von Öfen auf Zentralheizungen umgestellt. Von 1994 bis 2000 haben wir rund acht Millionen Euro in Modernisierung investiert. Viele unserer Mieter wollten daraufhin natürlich in die neu sanierten Wohnungen ziehen. Als die Sanierungen gerade abgeschlossen waren, begann sich jedoch der Leerstand auszuweiten.

Haben Sie die Plattenbauten komplett sanieren können?

Eine Komplettsanierung von Plattenbauten ist nur schwer zu realisieren. Denn dafür würde uns keine Bank Kredite gewähren. Immerhin sind unsere Gebäude erst 22 Jahre alt. Da würde auch kein Privatmann sein Haus komplett neu sanieren. Außerdem sind die Zuschnitte und die Innenausstattung auch nicht schlecht. Neu gemacht und isoliert wurden bisher aber schon die Fassaden von fünf bis sechs Gebäuden. Das war nötig, weil die alten Fassaden Asbest enthielten.

Wie hoch ist der Leerstand jetzt?

Mittlerweile haben wir einen Leerstand von 15 Prozent. Und das tut schon weh. Denn die geplanten Mieteinnahmen zur Tilgung der Kredite fehlen uns enorm. Selbst attraktiver Wohnraum lässt sich derzeit nur schwer vermieten.

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Wir haben in den letzten anderthalb Jahren bewusst einen Block nicht mehr vermietet und den verbleibenden Bewohnern schöne Tauschwohnungen angeboten. Im Herbst soll im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ mit dem Abriss des Blocks in der Walther-Richter-Straße 16 bis 22 begonnen werden. Ziel ist es, etwa Mitte September das Dach zurückzubauen und die Fassade abzunehmen. Ob wir diesen Zeitplan einhalten können, hängt auch davon ab, wie schnell die letzten Mieter dort ausziehen. Insgesamt sollen in einem ersten Abschnitt des „Stadtumbaus Ost“ bis 2010 weitere Gebäude zurückgebaut werden. Es sollen aber nicht alle Häuser verschwinden. Die Wohnungen sind ja nicht schlecht und sie werden auch weiterhin benötigt. Als Grundlage für die Berechnung des Abrisses dienten auch Bevölkerungsprognosen.

Warum werden die Wohnungen abgerissen?

Leerstand ist teuer. Jeder unbewohnte Quadratmeter kostet uns wegen der weiter anfallenden Bewirtschaftungskosten pro Jahr rund 13 Euro. Dieses Geld müssen wird dann durch Mieteinnahmen in anderen Gebäuden erwirtschaften. Außerdem lasten auf jedem Quadratmeter Wohnfläche rund 75 Euro Altschulden, die noch getilgt werden müssen. Ein Gebäude im Neubaugebiet hat eine Wohnfläche von etwa 2400 Quadratmetern. Für den Rückbau erhalten wir eine Förderung von 70 Euro pro Quadratmeter. Außerdem können wird dann noch einen Antrag auf zusätzliche Teilentlastung der Altschulden stellen. Zusätzlich sieht unser Unternehmen den Rückbau auch als Chance. Damit wird das Neubaugebiet langfristig aufgewertet, indem wir das Wohnumfeld verbessern. Dort wo jetzt noch Häuser stehen, werden Grün- und Erholungsflächen angelegt. Die verbleibenden Wohnungen werden zudem saniert, wenn der Rückbau beendet ist.

Ist der Leerstand an all Ihren Standorten gleich?

Nein. Eine Ausnahme bilden unsere Wohnungen am Schellerhauer Weg. Dort konnten wir bisher alle Wohnungen vermieten. Sie sind alle mit Balkon, und die Menschen fühlen sich dort scheinbar wohl. Pro Eingang leben da zwischen vier bis sechs Mietparteien. Im Neubaugebiet sind es zwölf bis dreizehn. Schwer zu vermieten sind leider auch die Wohnungen am Platz des Bergmanns durch den lauten Verkehr auf der B 170.

Wie viele Wohnungen vermietet die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft?

Insgesamt vermieten wir 667 Wohnungen. 320 davon befinden sich hier im Altenberger Neubaugebiet, 174 am Schellerhauer Weg unterhalb der Galgenteiche und 94 am Platz des Bergmanns. Außerdem haben wir noch ein paar Wohnungen in Kipsdorf.

Haben Sie schon Wohnungen zusammen gelegt?

Ja, vereinzelt haben wir unseren Mietern Grundrissveränderungen angeboten. Etwa in zehn Fällen haben die Mieter diesen Wunsch geäußert, und wir haben ihn umgesetzt. Wenn jemand uns aber die Kündigung auf den Tisch legt, dann ist es meistens für so ein Angebot schon zu spät. Noch bevor sich der Leerstand entwickelt hat, haben wir schon versucht, unsere Wohnungen so attraktiv wie möglich zu machen.

Zahlen Ihre Mieter immer pünktlich?

In der Regel schon. Aber eine ganze Masse schuldet uns aufgrund von plötzlicher Arbeitslosigkeit die Miete von ein bis zwei Monaten. Diese Mitschuldner zahlen in der Regel ihre Schulden meist schnell zurück. Es gibt aber auch einzelne Personen, die sind teilweise Jahre im Mietrückstand. Und die machen uns Probleme, weil wir sie nicht einfach auf die Straße setzen oder ihnen das Wasser abdrehen können. Die uns dadurch entstehenden Schäden belaufen sich etwa auf 5000 Euro. Meist sind die Wohnungen dieser Mieter nach dem Auszug auch komplett heruntergewirtschaftet. Dadurch entstehen uns zusätzliche Kosten.

Gespräch: Barbara Breuer