Von Ullrich Martin
Borda gehört zur Stadt Reichenbach und ist unter deren 14 Ortsteilen der kleinste. Ganze sieben Wohngebäude mit 17 Einwohnern gibt es dort. Umgeben von weiten Feldern und Wiesen, zwischen der Reichenbacher Umgehungsstraße und der Ortschaft Meuselwitz, könnte man meinen, hier sagen sich die Füchse wirklich „Gute Nacht“. Aber so ist es nicht. Neben der gut ausgebauten Zu- und Ortsdurchfahrt mit einem recht pulsierenden Straßenverkehr sind es vor allem zwei Einrichtungen, die sogar für internationales Flair sorgen: Der Landgasthof „Thomashof“ und die Saxonya farms GmbH. Manuel Kahl, 23 Jahre jung, sagt das so: „Ich bin als Melker in der Milchfarm beschäftigt. Mein Chef wie auch ein weiterer Angestellter, die kommen aus Belgien, eine Polin haben wir auch. Die Arbeit ist anstrengend, aber es macht Spaß. Und gleich hier nebenan in dem Gasthof, da ist mexikanisches Essen der Renner.“
Der Thomashof thront mit seinen vor über 120 Jahren erbauten Mauern wie ein Rathaus in dem Ortsflecken. Seit Februar bestimmt hier Familie Böthig als Pächter die Geschicke. „Wir wollen den von Herrn Richter begründeten guten Ruf fortsetzen, haben uns in Borda einen Wunsch erfüllt“, sagt Karsten Böthig aus Kemnitz , der zuvor in Bautzen ein mexikanisches Restaurant betrieb.
Internationales Flair
Und warum Lukullisches gerade aus Mexiko? „Über vier Jahre war ich, begleitet von meiner Frau Simone als Zivilperson, Koch in einer Einheit der Bundeswehr in El Paso, Texas. Da war Mexiko ganz nah. Von unserem Haus aus nur 20 Minuten zu Fuß.“ Und da ist noch was. Tochter Jolene, Gymnasiastin in Löbau, wurde vor zehn Jahren in El Paso geboren. Damit wohnt in Borda als zweitjüngster Bewohner sogar eine Deutsch-Amerikanerin. Jünger ist nur Schwester Sina Malena. Im Sozialgebäude der Saxonya Farm begegnen wir Pierre Colla, dem Geschäftsführer. Seit 1998 ist er in Borda _ und möchte auch nicht so einfach weg. „Keinen Tag habe ich bisher bereut. Die Oberlausitz ist eine der schönsten Ecken in Deutschland“, sagt der Belgier. Buchhalterin Siegried Wunderlich schmunzelt: „Immer wieder meint er das, schwärmt von Görlitz, den Menschen hier, ihrem Arbeitsfleiß.“ 34 Leute, fünf davon aus Borda, gehören zur Farm, betreuen 950 Milchkühe, 800 Kälber und Färsen, und arbeiten in der Feldwirtschaft mit über 900 Hektar Land.
Über solchen kreativen Unternehmergeist, gepaart mit Sachkenntnis und Optimismus, staunt selbst Kurt Konschelle, 81 Jahre jung. Aus Schlesien gekommen, arbeitete er in Borda fast ein Leben lang in der Landwirtschaft. Bereitwillig erzählt er: „Seit 60 Jahren bin ich mit meinem Hannchen, die damals in Meuselwitz wohnte, verheiratet. Wir fühlen uns nicht allein. Die Kinder und Enkel kommen, eine Tochter wohnt noch in Borda. Sogar der Winterdienst macht uns bei Schnee den Weg aus dem Hof frei.“
Über eines könnten sich Kurt Konschelle und alle Bordaer freuen: Pierre Colla investierte schon viele Millionen, zum Beispiel in die innere Ausstattung der Stallanlagen. „Das sieht man von draußen nicht. In nächster Zeit werden wir das Äußere und damit die alten Gebäude in Angriff nehmen.“ Da werden sich die rund 20 Ex-Bordaer, die morgen aus ganz Deutschland zu ihrem jährlichen Treffen im „Thomashof“ zusammen kommen, bestimmt ebenso freuen.