Im Pückler-Park sterben die Baumriesen

Der Muskauer Park ist der größte Landschaftspark Zentraleuropas im englischen Stil. In unterschiedlichen Parkbereichen auf 830 Hektar Fläche wachsen diverse Baumarten. Darunter 200 Jahre alte Baumriesen, die noch Parkschöpfer und Namensgeber Fürst Pückler pflanzen ließ. Doch seit Jahren müssen die Mitarbeiter des Eigenbetriebs Parkpflege der Fürst-Pückler-Stiftung immer öfter gewaltige Buchen, Ahorne oder Kastanien fällen.
Da, wo die Großbäume einst Parkwege säumten, in Tälern, Schluchten, Lichtungen oder an Berghängen standen, bleiben nur Baumstümpfe zurück. Was einst 30 Meter hohe Bäume waren, wird Biomasse. Zur Holzverarbeitung taugen die kranken Riesen nicht. Auch, weil die durch den letzten Weltkrieg, Dürrejahre oder Borkenkäfer geschädigten Bäume wenig robust sind.
„Das Bild im Park verschlechtert sich kontinuierlich“, sagt Parkdirektor Cord Panning besorgt. Wie rund 30 Prozent der Bäume in deutschen Wäldern leidet auch der Baumbestand im fürstlichen Park unter Schädlingen, Stürmen, Befall durch Brandkrustenpilz und Zunderschwamm und Trockenstress. Der zeigt sich durch Totholz oder gefärbte Blätter im Sommer. Die unterschiedlichen Anzeichen des Baumsterbens bleiben selbst Spaziergängern im Muskauer Park nicht mehr verborgen. Ursachen für das „multiple Organversagen“ der Bäume, wie es Panning bezeichnet, sind Klimawandel, Hitze, Wassermangel. Da ist auch 2020 keine Ausnahme. Schadenbeseitigung, Baumfällungen und Pflegearbeiten laufen seit Monaten auf Hochtouren.. „Im Bereich Bergpark haben wir bedauerlicherweise inzwischen ein sogenanntes Buchenkomplexsterben“, weiß Panning.
Um dort und anderswo den Baumbestand dennoch weitgehend zu bewahren, wird auf gezielte Bewässerung gesetzt. Eine Herausforderung für die Parkgärtner, die sich wegen der Parkgröße auf Nachpflanzungen konzentrieren. Wie Monika Rackel, die seit Tagen mit einem Wassertank auf dem Multicar im Berg- und Badepark unterwegs ist, junge Buchen und andere Gehölze gießt.
Ohne Gießen hat der Park keine Chance
Etwa 40 Jungbäume werden jährlich auf deutscher Parkseite gepflanzt. Zum Lückenschluss und zur Formerhaltung der künstlich angelegten Landschaft. Doch bevor aus Samen eine Pflanze wird, dauert es bis zu 15 Jahre. Weitere 30 bis 40 Jahre braucht es, damit aus einem Jungbaum ein Parkbaum wird. Ohne Gießen der Nachpflanzungen verschwände das heutige Parkbild. Da auch Kübelpflanzen und Blumen gegossen werden müssen, ist ein Großteil der rund 25 Parkpflege-Mitarbeiter ständig mit Bewässerung beschäftigt. Wasserlieferanten sind Brunnen und Zisternen im Park, die auch Regenwasser speichern. Wasser aus der Neiße ist tabu. Trinkwasser nur in Ausnahmefällen nutzbar. Überhaupt spielt Wasser eine wichtige Rolle für Parks und Gärten. Cord Panning und seine Amtskollegen fordern daher eine Gesamtlösung für die deutschen Einrichtungen: von Wasserrechten, interdisziplinärer Forschung bis Wassermanagement.
Bis es so weit ist, muss sich im Fürst-Pückler-Park auf eigene Lösungen besonnen werden. Der Bau weiterer Zisternen ist eine im Bereich Wassermanagement. Um langfristig den Baumbestand erhalten zu können, wird auf Vermehrung und Anpflanzung historischer und widerstandsfähiger Arten gesetzt. Parallel zu dieser Genpool-Arbeit wurden systematisch Versuchsparzellen angelegt. Beispielsweise im Bergpark mit Buchen, um Ursachen für die Erkrankungen alter und junger Bäume zu erforschen. „Das geht an dem Standort auch mit Linden und anderen Baumarten, die ins Parkbild passen“, weiß der Parkchef. Unterstützung erhalten die Muskauer dabei vom Helmholz Institut Sachsen. Als internationales Kompetenzzentrum für Umweltwissenschaften untersucht es Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur unter dem Einfluss des globalen Wandels. Forschungsarbeiten und Experimente konzentrieren sich damit auch auf naturnahe Landschaften und Fragen des Erhalts von biologischer Vielfalt, Ökosystemdienstleistungen, nachhaltigem Management von Boden- und Wasserressourcen. Schwerpunkte, deren Forschungsergebnisse gerade für den in der geologischen Eiszeitformation Muskauer Faltenbogen gelegenen Fürst-Pückler-Park von immenser Bedeutung sind, um Wege für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur und den Parkerhalt in ursprünglichen Form zu finden.
„Klima-Monitoring-Flächen, wie im Bergpark, sind gut im Auge zu behalten und liefern schnell empirische Forschungsergebnisse“, begründet Parkdirektor Panning die nun ins Leben gerufene Kooperation von Parkbewahrern und Forschern.