Von Mandy Schipke
Jeden Tag flimmern spektakuläre Unfallbilder von umgekippten Bussen, Massenkarambolagen oder schweren Autounfällen über den Bildschirm des Fernsehgerätes, und kaum ein Zuschauer verschwendet mehr als einen flüchtigen Blick an den Unglücksfall. Sollte der Anblick doch einmal zu scheußlich sein, kann man einfach umschalten.
Ganz so leicht haben es Uwe Gersch und Reinhard Wurm vom Verkehrsunfalldienst der Polizei Sebnitz leider nicht. Immer wenn es einen schweren Unfall gibt, werden die beiden Spezialisten zum Ort des Geschehens gerufen und wissen dabei nur selten, was sie erwartet. „Man fährt mit einem mulmigen Gefühl zum Einsatzort“, erzählt Uwe Gersch. „Nur eins ist sicher. Ein schöner Anblick wird es garantiert nicht werden.“
Während ihrer langjährigen Zusammenarbeit haben die beiden Spezialisten schon einige schlimme Szenen verarbeiten müssen. „Es gibt Bilder, die brennen sich förmlich in die Netzhaut“, berichtet Hauptkommissar Reinhard Wurm. „Am schlimmsten sind für mich immer noch schwer verletzte oder tote Kinder.“ Doch im Laufe der Jahre ist auch das für die beiden Ermittler zur Routine geworden. „Das klingt zwar im ersten Moment abgebrüht, ist aber im Ernstfall von großem Vorteil“, sagt Uwe Gersch. Ein Unfallpolizist brauche vor allem einen kühlen Kopf, um keine Fehler zu begehen, besonders wenn er am Unfallort auch noch erste Hilfe leisten müsse.
In dem Durcheinander von Rettungskräften, Verletzten, Pressefotografen, den Kollegen von der Unfallforschung und vielen Schaulustigen machen sich die beiden Ermittler auf die Suche nach Beweisen. „Man darf sich von dem ganzen Chaos eben nicht aus der Ruhe bringen lassen, um nichts Wichtiges zu übersehen“, bemerkt Reinhard Wurm. „Denn was man an der Unfallstelle aufzunehmen vergisst, ist unwiederbringlich verloren.“ Klar, dass so genaue Arbeit ihre Zeit braucht. Und so messen, fotografieren und befragen die zwei Polizisten meist noch, wenn die Verletzten im Krankenhaus und die Unfallfahrzeuge schon längst beseitigt worden sind.
In Ruhe arbeiten können sie aber auch dann noch nicht. „Die wartenden Autofahrer werden ungeduldig und fangen an zu hupen, sobald sie nur noch uns über die Fahrbahn laufen sehen“, erzählt Uwe Gersch. „Dabei dürfte es den Leuten eigentlich klar sein, dass wir eine Straße nicht zum Spaß absperren.“
Bis an die Grenzen
Wenn die Arbeit an der Unfallstelle abgeschlossen ist, wartet in manchem Fall die unangenehmste Pflicht auf Worm und Gersch. Hat es bei dem Unfall einen Todesfall gegeben, müssen sie die Angehörigen darüber informieren. „In solchen Momenten weiß ich oft nicht mehr, warum ich diesen Beruf gewählt habe“, sagt Reinhard Wurm. „Aber spätestens wenn sich ehemalige Unfall-Beteiligte für unsere gute Arbeit bedanken, ist mir wieder klar, für wen ich fast täglich bis an meine Grenzen gehe.“