Von Cornelia Sommerfeld
Schön bunt sieht er aus, der neue Stadtplan von Zgorzelec. Jedes einzelne Haus, jeder Schuppen und jedes Grundstück mit Grenze ist eingezeichnet, Bauland ist farbig abgesetzt. Auch Görlitz ist auf die gleiche Weise dargestellt, allerdings nur soweit, wie die Ausmaße des Planes es zulassen. In Zgorzelec ist der Plan seit kurzem in Tankstellen erhältlich.
Eine Kleinigkeit trübt die Freude über den neuen Stadtplan jedoch: Die beiden Grenzstädte passen nicht richtig zusammen. Deutlich wird das an der Altstadtbrücke. Die beginnt auf polnischer Seite zwar an der richtigen Stelle, auf deutscher Seite endet sie jedoch im Irgendwo, etwa 50 Meter südlich vom tatsächlichen Brückenkopf.
Wie kann das passieren? Herausgeber Daniel Sosnowski vom Toruner Verlag „Remedium“ beruft sich auf die Zuarbeit der jeweiligen Liegenschaftsämter, von denen der Verlag Daten auf CD oder gescannten Vorlagen erhalten hat. Im Zgorzelecer Liegenschaftsamt weiß man keinen Rat. Roman Holub, der dem Toruner Verlag einst die Unterlagen zur Verfügung stellte, kann nur mit Karten bis zur Neiße aufwarten. Dort, wo Görlitz liegt, zeigen seine Pläne einen weißen Fleck.
Auch das Stadtplanungsamt in Görlitz arbeitet nur mit Karten, die nicht über die Grenze hinausgehen. Mitarbeiter Franz-Josef Keul weiß jedoch eine Erklärung für die Unterschiede: „Jedes Land hat ein eigenes Vermessungs- und Koordinatensystem.“ Eine einheitliche EU-Regelung gebe es nicht. Das ist für den Laien schwer nachzuvollziehen – ein Meter in Deutschland sollte ja auch ein Meter in Polen sein. So einfach ist die Kartografie jedoch nicht. Schuld an dem Kartenwirrwarr sind neben den verschiedenen Koordinatensystemen die unterschiedlich festgelegten Bezugsorte in jedem Land, nach denen sich die Vermessung ausrichtet. In Deutschland ist es zum Beispiel Rauenberg bei Potsdam.
„Jede Karte ist ein Ausschnitt aus dem Globus, und der ist rund. Bei der Umrechnung auf eine zweidimensionale Karte gibt es automatisch Verzerrungen“, erklärt Keul. Die kleinen Verschiebungen fallen auf großen Karten meist nicht auf, auf detaillierteren Karten wie dem Stadtplan schon. „Man merkt es eben an den Grenzen“, sagt Keul. „Auch nach Belgien oder Frankreich kommt es vor, dass eine Brücke nicht passt. Im Prinzip müsste alles noch einmal einheitlich vermessen werden.“
Für die Druckversion des neuen Stadtplanes von Zgorzelec hilft das nichts mehr. Zurzeit tüftelt der Verlag an einer Internetversion, die 2005 erscheint. Daniel Sosnowski gelobt, die falsche Brücke zu korrigieren. Als ob das so einfach wäre.