Von Katlen Trautmann
Dresden - Nach dem Arztbesuch liegt die Rechnung im Briefkasten. Keine Krankenkasse zahlt dafür. Dieses Szenario ist für viele Sachsen bereits Realität. Rund 4300 Menschen im Freistaat besaßen 2003 keine Krankenversicherung, ergab eine Mikrozensus-Erhebung des Bundesamtes für Statistik. In Zukunft könnten es mehr sein, warnen Experten. Denn Arbeitslose ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld II müssen sich selbst um Versicherungsschutz bemühen. Ansonsten haben sie allein die Kosten bei Krankheit tragen.
Mediziner befürchten nach dem 1. April noch mehr unbezahlte Rechnungen, dann läuft die Drei-Monats-Frist für die ALG II-Empfänger ab. „Wir rechnen mit einer Zunahme nicht versicherter Patienten“, sagt Ulrike Schwäblein-Sprafke, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen. Neben Arbeitslosen könnten auch Selbstständige durch das Netz fallen, wenn sie ihre Krankenkasse „einsparen“.
Ärzte und Krankenhäuser würden dann noch öfter als bisher auf Kosten für Notfallbehandlungen sitzen bleiben, kritisiert Schwäblein- Sprafke. „Diese Lücke hat der Gesetzgeber nicht geschlossen.“ Auch könnte der Missbrauch abgelaufener oder ungültiger Chipkarten zunehmen.
Eile ist für viel geboten
Künftig könnte das Problem auch Menschen treffen, die noch keinen Gedanken daran verschwendet haben. „Eile ist geboten für ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die derzeit weder freiwillig über eine Bedarfsgemeinschaft noch eine Familienpolice versichert sind“, sagt Sylvio Herzog von der Landesarbeitsagentur Sachsen. Sie sollten umgehend das Gespräch mit einer Krankenkasse suchen.
„Nach drei Monaten ohne Versicherung darf laut Gesetz keine gesetzliche Kasse mehr freiwillig versichern“, sagt Hans-Werner Raske von der AOK Sachsen. Dann droht der Fall durch die Sicherungsnetze. Ende vergangenen Jahres waren in Sachsen 24021 Anträge auf Arbeitslosengeld II abgelehnt worden. Einziger Hoffnungsschimmer wäre ein neuer Arbeitsplatz. Dann könnten die Betroffenen wieder eine Pflichtversicherung in Anspruch nehmen.
Für Partner in Lebensgemeinschaften die füreinander aufkommen, gebe die Agentur für Arbeit bei Bedürftigkeit einen Zuschuss in Höhe von bis zu 140 Euro Zuschuss für Kranken- und Pflegeversicherung monatlich zu. In Sachsen ist eine freiwillige Versicherung ab 112 Euro zu bekommen. Ohne Krankenversicherung haben Patienten nur im Notfall noch Anspruch auf ärztliche Behandlung.
Laut Statistischem Bundesamt waren in Sachsen bis Mitte der 90er Jahre weit weniger Menschen ohne Krankenversicherung als heute. Bundesweit leben gegenwärtig rund 189.000 Menschen ohne entsprechenden Schutz. Die Dunkelziffer liegt weit höher. (dpa)