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So viele Waffen gibt es im Landkreis Görlitz

Das rassistische Attentat in Hanau hat die Schützenvereine in Misskredit gebracht. Die betonen aber, der Sport stehe im Vordergrund. So wie in Reichenbach.

Von Constanze Junghanß
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Symbolbild
Symbolbild © Jens Büttner/dpa

Ohne Waffenschein geht auf legalem Wege nichts: Wer eine Pistole, einen Revolver, eine Flinte oder eine Repetierbüchse sein Eigen nennt, braucht dafür die Zustimmung der Behörden. Eigentümer von Waffen - wie beispielsweise Mitglieder von Schützenvereinen, Jäger, Sicherheitsdienste und andere - müssen diese bei den Ämtern anmelden. Der Kreis führt dazu eine Statistik.

Und stellt fest: Die Zahl der Personen im Landkreis Görlitz, die einen Waffenschein besitzen, hat in den vergangenen Jahren zugenommen. 2017 waren das noch 3.114 Personen, ein Jahr später 3.254 Personen. Im vergangenen Jahr hatten bereits 3.387 Landkreisbewohner einen Waffenschein ausgehändigt bekommen.

Auch Schreckschusswaffen eingerechnet

Die Zahlen nennt Kreissprecherin Julia Bjar auf Nachfrage der SZ. Eingerechnet sind dabei auch die „kleinen Waffenscheine“, die zum Beispiel zum Führen von Schreckschusswaffen berechtigen. Grundsätzlich kann jeder ab 18 Jahre einen solchen Schein beantragen, heißt es vonseiten des Landkreises. Voraussetzungen sind unter anderem Zuverlässigkeit, Sachkunde und persönliche Eignung. Doch wie wird so was geprüft?

„Zur Überprüfung der Eignung gibt es eine persönliche Vorsprache bei der Behörde und eine Erklärung des Antragstellers“, sagt Julia Bjar. Einzelfall bezogen sei sogar eine Überprüfung durch ein medizinisches Gutachten möglich. Tatsächlich mussten Waffenscheine auch schon wieder abgegeben werden. Kreissprecherin Julia Bjar nennt den Grund: „Unzuverlässigkeit.“

Sondereinheit der Polizei rückte aus

Auch die Polizei nimmt das Thema sehr ernst, wie sich erst kürzlich zeigte. Vergangene Woche durchsuchten Beamte einer Spezialeinheit das Wohnhaus eines 43-jährigen Deutschen in Spitzkunnersdorf wegen des Verdachts auf Besitz illegaler Waffen. Die Polizei informierte darüber, dass sich der Verdacht verdichtete, als die Ermittler von der Waffenbehörde erfuhren, dass der Mann keine Waffenerlaubnis hatte.

„Die Behörde ist das Ordnungsamt vom Landkreis Görlitz“, erklärt Polizeisprecherin Katharina Korch. Zwei Pistolen wurden gefunden, die Waffen sicher gestellt. Die Sondereinheit kam auch im November vergangenen Jahres in Reichenbach zum Einsatz. Nach einem telefonischen Hinweis, dass sich in einer Wohnung am Markt ein Mann aufhält, der möglicherweise Waffen bei sich trage und auf dessen Konto mehrere Verkehrsunfälle gegangen seien, rückte die Polizei aus. In diesem Fall wurden keine Waffen entdeckt.

Ein Schütze besitzt im Schnitt zwei Waffen

Auch Kraft-Jürgen Marschner aus Reichenbach ist ein ähnlicher Fall im Görlitzer Umland bekannt, wo die Polizei schnell reagierte. „Ein Sportschütze kaufte mit Waffenbesitzkarte eine Pistole, vergaß jedoch, diese bei den zuständigen Behörden anzumelden“, erzählt er. Die Behörden seien sofort eingeschritten, die Polizei stand vor der Tür. „Da waren 1.000 Euro Strafe fällig, die Pistole wurde eingezogen“, sagt der Rentner.

Kraft-Jürgen Marschner ist für die Öffentlichkeitsarbeit im Schützenverein Reichenbach und Umgebung 1430/1685 e. V. zuständig. Etwa 70 Mitglieder hat der Reichenbacher Verein. Dabei stünde der Sport im Vordergrund. Geschossen wird mit Luftdruckgewehren, Kleinkaliber, Großkaliber und historischen Vorderladern. „Eigene Waffen werden mit nachhause genommen“, sagt Marschner. Im Durchschnitt besäße jeder Schütze zwei Waffen.

Hanau-Anschlag wirft schlechtes Licht auf Schützenvereine

Bei dem mutmaßlich rassistisch motivierten Anschlag durch einen offenbar psychisch schwer Kranken in Hanau, bei dem neun Menschen mit ausländischen Wurzeln und die Mutter des Tatverdächtigen ermordet wurden, war der Tatverdächtige Mitglied eines Schützenvereins. Das sei auch bei den Reichenbacher Schützen Gesprächsthema, wie Marschner sagt. Die Tat sei unfassbar. „Das ist furchtbar und der Täter muss ein Irrer gewesen sein“, so das Vereinsmitglied. Dass der Täter von Hanau Schütze war, bringe außerdem die Schützenvereine in Misskredit.

Unvorstellbar sei, dass der Mann überhaupt eine Waffe haben durfte. „Die Politik hat doch da versagt“, findet Marschner. Nichtsdestotrotz sei das Waffenrecht gut so, wie es ist. „Das muss allerdings dann auch eingehalten werden“, so der Schützenbruder. Seine Befürchtung: „Es ist für die Behörden sicher schwer nachvollziehbar, was beispielsweise bei einem Schützenvereins-Austritt mit der Waffenbesitzkarte passiert – es sei denn, die Person wird in irgendeiner Form auffällig.“

Julia Bjar dagegen sagt: „Alle drei Jahre wird die Zuverlässigkeit der Personen mit Waffenbesitzkarte überprüft.“ Auskünfte würden dazu beim Bundeszentralregister, beim Verfahrensregister, bei der Polizei und dem Verfassungsschutz eingeholt, erklärt die Kreissprecherin. 

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