SZ +
Merken

In 24-Meter-Schritten durch den Berg

Talsperre Klingenberg. Mit modernster Technik betoniert die Strabag die Schale des Tunnels.

Teilen
Folgen

Von Franz Herz

Das ist wirklich High-Tech, was hier eingesetzt wird.“ Der Bauingenieur Michael Humbsch von der Landestalsperrenverwaltung ist begeistert. Nachdem im Sommer die Tunnelbohrer nach über drei Kilometern an der Vorsperre wieder das Tageslicht erblickt haben, geht es nun wieder in den Berg. Die rohe Felswand, wie sie die Tunnelbohrmaschine hinterließ, benötigt eine Innenschale und eine Sohle aus Beton.

Der Tunnel hat jetzt einen Durchmesser von vier Metern und ist kreisrund. Darin bewegen sich jetzt ebenso runde Schalungselemente. Mit ihrer technischen Ausstattung imponieren sie dem Bauverantwortlichen von der Landestalsperrenverwaltung.

Graue Masse in „Raketen“

Ein Arbeitsabschnitt ist immer 24 Meter lang. Hier positionieren die Bauarbeiter die Schalung exakt in die Mitte des Tunnels. Der Abstand zum Fels muss überall gleich sein, damit auch die Betonschale überall gleich stark wird. Wenn sie damit fertig sind, kommt durch den ganzen Tunnel von unten ein Zug angefahren. Dessen Waggons sehen aus wie kleine Raketen. Sie transportieren die graue Masse. Die Betonpumpe presst sie durch Schläuchen zwischen Schalung und Felswand. In der Schalung sind dafür kleine Öffnungen vorgesehen. Erst wird der Betonschlauch unten angeschlossen, dann auf halber Höhe und schließlich ganz oben. „Die zu halten, ist eine Knochenarbeit“, erzählt Humbsch.

Ringsherum sind kleine blaue Geräte eingebaut. Diese beginnen dann zu vibrieren und verdichten so den Beton. „Bei den Probedurchgängen hat sich gezeigt, dass die Ausstattung nicht reichte. Dann wurden weitere Verdichter eingeschweißt“, berichtet Humbsch.

Spezialbeton verwendet

Reingepumpt wird Spezialbeton, der schnell härtet. Nach acht Stunden kann die Schalung schon wieder abgebaut werden. Auch das ist ein raffinierter Vorgang. Die runde Schalung wird nach innen gefaltet und mit einem Kran, der sich in ihrer Mitte befindet, im Tunnel weiter nach vorne geschoben zur nächsten Etappe. Dort beginnt die Arbeit von neuem. Ausfalten, in der Mitte positionieren und Beton reinpumpen. So arbeiten sich die Bauleute in 24-Meter-Schritten durch den Berg. Das ist eine Tagesetappe. Im Frühjahr 2007 werden sie unterhalb der Sperrmauer ankommen.

Ihnen werden in einigen Wochen noch die Kollegen folgen, welche die Sohle des Tunnels betonieren. Sie wollen 90 Meter am Tag schaffen, deswegen beginnen sie später. Geht der Zeitplan auf, kommen beide gleichzeitig unten am Mundloch an. Wer nicht mit dem Betonzug fahren kann, nimmt mit dem Auto den Weg über Beerwalde und Ruppendorf ans untere Ende des Tunnels zwischen dem Wasserwerk und der Staumauer Klingenberg.

2008 muss alles klappen

Hier überprüfen Betontechniker jede Ladung, die frisch aus dem Betonwerk kommt, bevor sie in den Bauzug gefüllt wird. Rolf Schmidt vom Ingenieurbüro Spiekermann, das für die Bauüberwachung zuständig ist, diskutiert mit Bauleiter Norbert Riedel. Soeben kam ein Betontransporter an, dessen Inhalt nicht passt. Im Werk hatte der Beton noch normale Schrumpfungswerte. Unterwegs hat sich das offensichtlich geändert. „Wer weiß, was die Ursache ist. Vielleicht die Temperatur“, sagt Humbsch. Mit verschiedenen Inhaltsstoffen lassen sich die Eigenschaften des Betons genau steuern.

Später, wenn der Stollen als Entlastungsröhre bei einem Hochwasser dient, muss er klaglos funktionieren. Seine erste Bewährungsprobe muss er 2008 bestehen, wenn durch die Leitungen in der Röhre das Rohwasser für die Wasserwerke Klingenberg und Coschütz strömen wird, weil die Talsperre für die Mauersanierung komplett abgelassen ist.