Von Sophia Ruppert
Der Bärenfelser Kasper lacht, ohne die Zähne zu zeigen. Das ist das typische Merkmal der Handpuppe, mit der Puppenspieler Paul Hölzig Bärenfels zum Puppenspielort machte.
Paul Hölzig wurde 1911 geboren und gründete schon als 22-Jähriger seine erste Bühne. Während des Zweiten Weltkriegs sollte er als Truppenbetreuer mit seinem Kasper die Soldaten aufheitern. In der Dresdner Bombennacht im Februar 1945 verlor er nahezu all seine Utensilien und zog für einen Neuanfang nach Bärenfels. Hier rief er die „Bärenfelser Puppenspiele“ ins Leben. Er spielte sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. 1958 verließ er die DDR und starb 1989.
Heute sitzt der Bärenfelser Kasper gemeinsam mit anderen Hölzig-Puppen in einer Vitrine im Gasthof Bärenfels. Dessen Inhaber, Jan Kempe, hat die Puppen vom ehemaligen Puppenspieler Hans-Joachim Hellwig gekauft, der Paul Hölzig persönlich kannte. „Die Idee, in Bärenfels wieder Puppentheater zu spielen, entstand vor einigen Jahren“, erzählt Jan Kempe. Damals kam das Dresdner Puppenspielerpaar Ruth und Hans-Joachim Hellwig in den Gasthof, um die ehemalige Spielstätte Paul Hölzigs zu besuchen.
Auszeichnung für den Verein
Das „Osterzgebirgische Puppentheaterfest“ hatte 2005 Premiere und findet diesen Oktober zum sechsten Mal statt. Da der Platz im Gasthof nicht für alle Veranstaltungen ausreicht, sind einige Darbietungen in umliegende Orte verlegt. In drei Tagen gibt es diesmal 21 Veranstaltungen.
Anfangs wirkte die Stadt Altenberg als Veranstalter, aber nach dem Erfolg des ersten Festes wurde ein ständiger Verantwortlicher gesucht. Da kam es gerade recht, dass sich der Verein KulturGeschichte Bärenfels in der Gründung befand. Dieser veranstaltet nun jährlich das Puppentheaterfest.
Mit Erfolg: Vor ein paar Monaten konnten die Vereinsmitglieder die Auszeichnung „Verein des Jahres 2009“ von der Ostsächsischen Sparkasse Dresden und der Sächsischen Zeitung entgegennehmen. Dazu gehörten auch 2000 Euro Preisgeld. „Wir hatten nicht damit gerechnet und uns riesig gefreut“, sagt Jan Kempe, selbst Mitglied im Verein. Die Auszeichnung sehe man auch als Ansporn, erklärt er. Das Geld wird auf mehrere Projekte des Vereins aufgeteilt.
Das ist natürlich längst nicht genug. Jan Kempe ist für die Finanzierungspläne zuständig, und er weiß die regionalen Sponsoren sehr zu schätzen. Zwei Drittel der Kosten werden so gedeckt, der Rest durch Eintrittsgelder. Selten bleibt Geld übrig, aber falls doch, wird es zum Erwerb weiterer Hölzig-Utensilien verwendet. Letztes Jahr konnte der Gasthof so eine Spieluhr endlich sein eigen nennen, mit der Paul Hölzig seine Darbietungen musikalisch untermalte.
Um den Veranstaltungsplan des dreitägigen Festes kümmert sich Hans-Joachim Hellwig. Von seinen Kontakten in Puppenspielerkreisen kann das Fest noch jetzt profitieren. Die Ensembles, die teilnehmen, kommen zum Beispiel aus Darmstadt, Potsdam und ganz Sachsen. Auch Studenten der Staatlichen Schauspielschule „Ernst Busch“ aus Berlin zeigen seit mehreren Jahren ihre Studienergebnisse in Bärenfels. Mittlerweile kommen viele Bühnen immer wieder, aber es gibt auch jedes Mal neue Gesichter. Letztes Jahr waren erstmals tschechische Puppenspieler dabei. Bärenfels hat sich durch das Puppentheaterfest einen guten Ruf gemacht. „Da kommen einige Puppentheater auch einfach aus Neugier“, sagt Jan Kempe.
Puppenspiel auf hohem Niveau
Er weiß, dass das Puppentheaterfest in Bärenfels nicht das größte oder bekannteste seiner Art ist. Aber hier ist der Kontakt zwischen Zuschauern und Künstlern da, die oft abends noch im Gasthof beisammen sitzen. Jan Kempe betont, dass beim Puppentheaterfest nicht das typische Kasper-Krokodil-Puppentheater zu finden ist. „Das ist schauspielerische Höchstleistung“, sagt er und erzählt staunend von Spielern, die in einem Stück vier bis sechs verschiedene Charaktere mit einer jeweils anderen Aussprache allein darstellten.
Der Wirt versucht, das Fest so preiswert wie möglich zu halten. Das ist manchmal nicht leicht. „Qualität hat ihren Preis“, weiß er. Trotzdem wollen die Organisatoren hohes schauspielerisches Niveau bieten und professionelle Leute in die Region holen. So sollen verschiedene Spielweisen und die Ausdrucksqualität des Puppenspiels gezeigt werden.
Das 6. Osterzgebirgische Puppentheaterfest findet vom 15. bis 17. Oktober 2010 statt.