Von Dominique Bielmeier
Auf der einen Seite stehen Begriffe wie „Ehre“, „Volk“, „Vaterland“ und immer wieder: „Deutschland“. Auf der anderen „Ratte“, „Kanake“ oder „Pack“. Die Facebook-Seite der „Initiative Heimatschutz“ aus Meißen ist voll von völkischer Rhetorik, die sich gegen „Asylschwindler“ richtet. Mehr als 3 200 Menschen im sozialen Netzwerk gefällt das. Rund 45 von ihnen – nach Angaben der Seitenbetreiber – haben sich am Sonnabend auf der Fußgängerbrücke über die Elbe versammelt. „Schweigen heißt zustimmen. Es ist unser Land!“ stand auf einem Banner, das an der Brücke angebracht war. In derselben Nacht brannte eine bezugsfertige Asylunterkunft in der Rauhentalstraße. Dahin sind es keine 20 Minuten zu Fuß.


Ob ein Zusammenhang mit der Versammlung besteht, prüft das Operative Abwehrzentrum der Polizei Sachsen gerade. „Ein fremdenfeindliches Motiv für den Übergriff kann derzeit nicht ausgeschlossen werden“, so das OAZ. Die Ermittlungen würden „in alle Richtungen“ geführt.
Obwohl die „Initiative Heimatschutz“ schon von mehreren Facebook-Nutzern wegen der fremdenfeindlichen Inhalte gemeldet wurde, hat das Netzwerk sie bisher nicht gesperrt. Auf die Seite angesprochen teilte das Landesamt für Verfassungsschutz mit: „Dem LfV Sachsen liegen keine Informationen darüber vor, dass das von Ihnen benannte Facebook-Profil einer rechtsextremistischen Bestrebung zugeordnet werden kann.“
Morddrohung gegen Hausbesitzer
An die Mail-Anfrage der SZ angehängt waren Beiträge mit Inhalten wie „Der N*g*r kommt, der Michel geht?“ oder Sorge über die „gezielte Mischung der Rassen“, die zur „Zersetzung des deutschen Volkes“ führe. Der Verfassungsschutz erklärt, er müsse auch prüfen, „ob der hinter einer extremistischen Bestrebung stehende Personenzusammenschluss von Dauer ist“.
Derweil ist bekanntgeworden, dass der Besitzer der Asylunterkunft, Bauunternehmer Ingolf Brumm, Morddrohungen erhalten hat. Sören Skalicks, Kreisrat der Piraten Meißen, äußert sich schockiert über diese neue Entwicklung. „Dass Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellung Morddrohungen erhalten, ist nach den Gestapo-Methoden auf der Eisenbahnbrücke und dem Brandanschlag auf die Asylunterkunft in Meißen eine weitere Verschärfung des Vorgehens des rassistischen Mobs“, schreibt Skalicks in einer Erklärung. „Es zeigt auf erschreckende Weise, wie weit wir hier schon nach rechts abgedriftet sind, dass so etwas überhaupt möglich ist.“ Diese Entwicklung zu verharmlosen trage dazu bei, dass die Lage sich nur noch weiter verschlimmere.
Der CDU-Stadtverband und die CDU-Stadtratsfraktion Meißen schreiben in einer gemeinsamen Stellungnahme: „Wichtigstes Mittel für die Prävention waren und bleiben Information, Aufklärung, die Diskussion mit den Mitbürgern. Wer jedoch Gewalt anwendet, verlässt den Boden einer demokratischen Streitkultur und ist ein Fall für die Ermittlungsbehörden.“ Gesellschaftliche Gruppen, „welche ihre Hände in Unschuld waschen, jedoch das Klima für solche Taten schaffen“, müssten schärfer hinterfragt werden.
Die Sächsische Union in Meißen will in den kommenden Tagen „eingehend über ihre nächsten Reaktionen auf diese Tat beraten und dazu die Öffentlichkeit informieren“. Geplant seien mehr regelmäßige Informationsveranstaltungen sowie eine kontinuierliche Einbeziehung der Flüchtlinge in das Stadtleben.
Den ersten Schritt dazu macht Gastwirt und Fraktionsvorsitzender der Linken im Stadtrat Ullrich Baudis. Er will zusammen mit anderen Meißner Wirten den Bauunternehmer Brumm sowie eine Asylbewerberfamilie zur Langen Nacht einladen.
Auf Facebook ist die Schuldfrage zum Brand bereits geklärt: Das Feuer haben sicher „die Linken“ gelegt, schreiben Mitglieder der Initiative Heimatschutz. Vielleicht war es Versicherungsbetrug. Ein Nutzer ist sicher: „Das waren die Mistviecher selbst.“ Einen Ausdruck des Bedauerns sucht man in den Kommentaren vergebens. Dafür hat ein anderer Nutzer, der bei der Versammlung dabei war, zumindest ein paar Skrupel bekommen: „War alles soweit gut bis auf die Anmache der Asiatin“, schreibt er. „Von denen geht keine Gefahr aus.“